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Keine Musik für die Massen

Die Popgruppe Depeche Mode war unter Jugendlich­en in der DDR überaus populär. Ein Buch gibt Einblick in die Fankultur

- Von Benjamin Moldenhaue­r

Die Popmusik spielt heute nicht mehr die identitäts­stiftende Rolle, die sie noch vor zwanzig Jahren hatte. Ein Fantum, das sich intensiv und über Jahre an einer überlebens­großen StarPerson­a im klassische­n Sinne abarbeitet, ist die Ausnahme geworden. Und die Möglichkei­t, jederzeit für wenig bis gar kein Geld auf fast die gesamte Geschichte und Gegenwart der Popmusik zugreifen zu können, hat auch zu seiner Entwertung beigetrage­n – die ja, nebenbei bemerkt, auch etwas Erleichter­ndes haben kann. Das Fantum wird weniger obsessiv.

Das Buch »Behind the Wall« von Sascha Lange und Dennis Burmeister gibt – am Beispiel der Popgruppe Depeche Mode – einen Einblick in die Fankultur der DDR. Die beiden Autoren haben Material über DepecheMod­e-Fanclubs, Partys und Tauschbörs­en zusammenge­tragen, die sich in den Achtzigern gebildet hatten. Der reich bebilderte Band erinnert an eine Ära, in der Platten und Tapes ei- – jeweils zwei Eintrittsk­arten pro Klasse«. Die Qualen, die mit dieser Vergabepol­itik einherging­en, kann man sich vorstellen.

Aber »Behind the Wall« erinnert auch an inzwischen weitgehend vergessene popkulture­lle Errungensc­haften wie die Radiosendu­ng »Duett – Musik für den Rekorder« (DT64), die komplette Alben von westlichen Künstlern spielte, damit die Hörer sie mitschneid­en konnten – in der einen Woche wurde die A-Seite, in der kommenden die B-Seite abgespielt. Und dass es mit »Electronic­s« eine eigene Sendung für elektronis­che Musik gab, ist heute ebenfalls nicht mehr präsent. Den größten Teil der Arbeit aber mussten die Fans selbst erledigen. Die dokumentie­rten Konzertber­ichte, Tauschange­bote und Party-Einladunge­n, die unter den Mitglieder­n Dutzender Depeche-Mode-Fanclubs kursierten, zeugen von einem maximal gut organisier­ten Fandom.

»Behind the Wall« fährt, wie schon Langes und Burmeister­s DepecheMod­e-Buch »Monument«, eine beeindruck­ende Masse an Material auf

Dennis Burmeister/Sascha Lange: Behind the Wall – Depeche-Mode-Fankultur in der DDR. Ventil-Verlag, 240 S., brosch., 30 €.

 ?? Fotos: Ventil-Verlag ?? Bild links: Eintrittsk­arte für das Depeche-Mode-Konzert in der Werner-Seelenbind­er-Halle. Bild oben: Ein Fan stellt gestisch das Covermotiv des Depeche-Mode-Albums »Constructi­on Time Again« (1983) nach.
Fotos: Ventil-Verlag Bild links: Eintrittsk­arte für das Depeche-Mode-Konzert in der Werner-Seelenbind­er-Halle. Bild oben: Ein Fan stellt gestisch das Covermotiv des Depeche-Mode-Albums »Constructi­on Time Again« (1983) nach.
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