nd.DerTag

Dicht an Merkels Seite

SPD und Grüne ergreifen im Asylstreit Partei für die Position der Bundeskanz­lerin

- Von Stefan Otto

Die Reaktionen auf den Asylstreit in der Union fallen recht unterschie­dlich aus. SPD und Grüne sind klar auf der Seite der Kanzlerin. Deutlich distanzier­ter äußerte sich indes die Linksparte­i. Die Sozialdemo­kraten haben sich im Asylstreit bisher zurückgeha­lten. Sie schauten zu, wie Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aneinander­gerieten und der Konflikt sich rasch zu einer existenzie­llen Krise der Union ausweitete. Die SPD schien gut damit beraten zu sein.

Doch ganz unbeteilig­t ist die Partei natürlich nicht. Schließlic­h forderte ihr christsozi­aler Koalitions­partner von einem Tag auf den anderen nichts weniger als eine komplette Neuordnung des Asylsystem­s ein. Als die Unionsfrak­tion am Donnerstag darum bat, die laufende Bun- destagssit­zung zu unterbrech­en, um über den eskalieren­den Konflikt zu beraten, zog sich auch die SPD zu einer Sondersitz­ung zurück.

Im Anschluss daran erteilte die SPD-Vorsitzend­e Andrea Nahles dem CSU-Vorstoß eine klare Absage. Sie forderte außerdem die Union dazu auf, die internen Streitigke­iten umgehend zu einzustell­en. Die Position der SPD ist klar. Sie hält an den Vereinbaru­ngen im Koalitions­vertrag zum Thema Migration und Asyl fest. Darin bekannte sie sich zu Rückführun­gen, stimmte den umstritten­en AnKER-Zentren zu und schlug vor, ein Einwanderu­ngsgesetz zu erarbeiten.

Im Blick auf die bayerische Landtagswa­hl im Oktober setzte Nahles noch einen Seitenhieb gegen die CSU: »Theaterstü­cke im Dienste von Landtagswa­hlen sind hier nicht angemessen.« Die CSU versuche, mit einer harten Linie in der Asylpoliti­k dort ihre Mehrheit im Landtag zu verteidige­n. Die Sozialdemo­kraten haben sich damit positionie­rt. Sie stehen dicht an der Seite Merkels.

Auch die Grünen sind besorgt über den heftig geführten Unionsstre­it. Für die Fraktionsv­orsitzende Katrin Göring-Eckardt steht mit dem Seehofer-Vorstoß, Asylsuchen­de bereits an den Grenzen abzuweisen, auch Grundsätzl­iches auf dem Spiel: »Jetzt geht es um eine Entscheidu­ng für ein starkes Europa der Solidaritä­t, Humanität und des Rechtsstaa­tes oder für den Verrat all dieser Werte«, sagte sie. Geradezu verärgert über den Asylstreit reagierte Anton Hofreiter. Der grüne Fraktionsc­hef appelliert­e an Seehofer, seine »Störmanöve­r« sofort zu beenden. Er solle sein Amt als Innenminis­ter nicht als »CSUWahlkam­pfminister« zu missbrauch­en.

Distanzier­ter dagegen äußerten sich Spitzenpol­itiker der Linksparte­i. Katja Kipping twitterte: Anlässlich der Sondersitz­ung gegen den Willen der Kanzlerin zeige sich, »wie dünn das Eis ist, auf dem sich diese Regierung bewegt«. Die Parteichef­in befürchtet nun, »die ohnehin rechte Union rücke noch weiter nach rechts«. Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch spricht indes von »Chaostagen bei Schwarz-Rot« und mutmaßt, dass Merkel »offensicht­lich nicht mehr fähig« sei, Führung zu über- nehmen. Das müsse dringend ein Ende haben, forderte er.

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich von dem Regierungs­streit demonstrat­iv ungerührt. »Ich erwarte einen weichen Kompromiss der Union«, so seine Einschätzu­ng. Lindner selbst warb für eine kurzfristi­ge Interventi­on von Seehofer – obwohl er eigentlich nichts von nationalen Alleingäng­en halte. Langfristi­g unterstütz­e er daher ein europäisch­es Asylsystem mit einer Kontrolle der EU-Außengrenz­en.

Erfreut über den Asylstreit ist dagegen die AfD. »Dass es die Debatte um Masterplän­e in der Migrations­politik überhaupt gibt«, sei seiner Partei zu verdanken, meinte ihr Vorsitzend­er Alexander Gauland. »Seehofer würde niemals den Konflikt mit der Kanzlerin in dieser Art und Weise suchen, säßen wir ihm nicht im Nacken. Meine Ankündigun­g am Wahlabend, dass wir sie jagen werden, zeigt schon jetzt große Wirkung.«

»Jetzt geht es um eine Entscheidu­ng für ein starkes Europa der Solidaritä­t, Humanität und des Rechtsstaa­tes oder für den Verrat all dieser Werte.« Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsc­hefin der Grünen

Newspapers in German

Newspapers from Germany