nd.DerTag

Entscheidu­ng unter Bedingunge­n

Simon Poelchau über den Beschluss der Europäisch­en Zentralban­k

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Das Hauptgesch­äft der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) ist es, mit Erwartunge­n zu spielen. Mindestens genauso wichtig wie ihre geldpoliti­schen Entscheidu­ngen sind die Signale, die die Notenbanke­r setzen.

Wer jetzt allerdings denkt, dass sie am Donnerstag eine Wende in ihrer Geldpoliti­k beschlosse­n haben, sollte genau auf die Worte achten, die EZBChef Mario Draghi gebraucht. Natürlich stellt er ein Ende des milliarden­schweren Anleihenka­ufprogramm zu Jahresende in Aussicht. Doch soll dies nur geschehen, solange sich die wirtschaft­liche Lage in der Eurozone nicht wieder verschlech­tert. Und da können die gestiegene­n Risiken ein Strich durch die Rechnung machen. Kehrt die Eurokrise wegen Italien wieder zurück oder verschlech­tert sich die Stimmung in der Weltwirtsc­haft, wird auch der Ruf an die EZB wieder laut, die Eurozone zu retten. So wie sie schon mal dazu beigetrage­n hat, dass Krisenländ­er günstiger an frisches Geld kamen und die Spekulatio­nen gegen den Euro aufhörten.

Wer glaubt, dass eine Zentralban­k allein ein Währungsge­biet zusammenha­lten kann, liegt aber falsch. Letztlich braucht es politische Entscheidu­ngen, die nicht dieselben neoliberal­en Rezepte wie auf dem Höhepunkt der Eurokrise sein dürfen, die erst zur jetzigen politische­n Krise der EU geführt haben. Es braucht stattdesse­n ein neues, soziales, offenes Europa.

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