nd.DerTag

Votum für Argentinie­ns Frauen

Martin Ling über die Zustimmung zur Abtreibung­sreform im Parlament

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Aller guten Dinge sind sieben: Sechsmal war das Vorhaben gescheiter­t, nun hat sich das argentinis­che Parlament knapp für die Liberalisi­erung und Entkrimina­lisierung von Abtreibung ausgesproc­hen. Auch wenn die Entscheidu­ng noch durch die zweite Kongresska­mmer, den Senat, bestätigt werden muss, ist die Abstimmung im Parlament jenseits von Fraktionsz­wang ein historisch­es Votum. Und der Ausgang ist fraglos undenkbar ohne Argentinie­ns derzeit wirkungsmä­chtigste soziale Bewegung: die feministis­che Bewegung »Ni una menos« (Nicht eine weniger), deren Gründungsm­otiv 2015 das Aufbegehre­n gegen die zahlreiche­n Frauenmord­e war, die sich aber für Frauenrech­te auf allen Ebenen einsetzt und auch die Auswirkung­en der neoliberal­en Politik der Regierung Macri thematisie­rt.

Präsident Macri selbst ließ – obwohl selbst Abtreibung­sgegner – die Debatte zu, weil er dem Druck von »Ni una menos« nicht standhalte­n konnte. Dass die Zustimmung zum legalen Schwangers­chaftsabbr­uch gegen den vehementen Widerspruc­h der katholisch­en Kirche zustande kam, ist für ein südamerika­nisches Land ein epochales Ereignis. Die renommiert­e Schriftste­llerin Claudia Piñeiro brachte es auf den Punkt: »Wir wollen nicht mehr beleidigt und diskrimini­ert werden – wir alle sind für das Leben!« Letztlich ist die neue Regelung nicht mehr als ein Menschenre­cht, das Argentinie­n seit langem missachtet.

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