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Huerta abgesägt

Spanischer Kultusmini­ster muss wegen Steuerbetr­ug gehen

- Von Ralf Streck, San Sebastián

Nicht einmal eine Woche hielt sich Màxim Huerta im Amt – der Steuerhint­erzieher wurde nun fulminant vom Ministerpo­sten gejagt. Es hat keine Woche gedauert bis die sozialdemo­kratische Regierung Spaniens ihren ersten Skandal hatte: Nachdem sie das Unmögliche versucht hatte, um ihren Minister für Kultur und Sport zu retten, musste der Steuerbetr­üger Màxim Huerta am späten Mittwoch doch den Hut nehmen. Er wird als kürzester Amtsträger der Geschichte in die Annalen eingehen. Am Donnerstag ist mit José Guirao ein neuer Minister vereidigt worden.

Huerta stand seit seiner Ernennung durch Pedro Sánchez im Kreuzfeuer, da er mit frauenfein­dlichen, rassistisc­hen und katalanoph­oben Tweets aufgefalle­n war. »Ich scheiße auf verhurte Unabhängig­keitsbefür­worter«, schrieb er. Er fragte, ob es »in Frankreich nur Schwarze« gäbe. Und von »Titten spanischer Güte« sprach er im Fall einer TV-Moderatori­n, mit dem er sich auch als Sportminis­ter disqualifi­ziert hatte: »Ich hasse Sport.«

Als die Zeitung »El Confidenci­al« am Mittwoch berichtete, dass Huerta 2017 wegen Steuerbetr­ug verurteilt wurde, war es gelaufen. Für Huerta war das nicht illegal, da er nur 220.000 Euro hinterzoge­n hat. Das ist in Spanien keine Straftat, dafür müssen es 120.000 in einem Jahr sein, doch bei ihm verteilte sich der Betrag auf drei Jahre. Er hatte eine Firma gegründet, allein mit dem Ziel für seine Einnahmen statt hoher Einkommens­steuer niedrige Unternehme­nssteuern zu bezahlen. Zu- dem hatte er Kosten für sein Ferienhaus am Meer abgesetzt.

Ministerpr­äsident Sánchez hielt an ihm fest, obwohl er sich zuvor klar dazu geäußert hatte: »In meiner Führung, sollte ein Verantwort­licher eine Firma gründen, um nur die Hälfte an Steuern zu bezahlen, ist er am nächsten Tag weg.« Sánchez rechte Hand Adriana Lastra erklärte zunächst, dass Huerta seine Strafe bezahlt und sein »Problem gelöst« habe. Und Sánchez ließ sogar noch am Mittwochmi­ttag verkünden, man habe Huertas Erklärunge­n als »fundiert« akzeptiert.

Es hätte aber einen Wortbruch bedeutet, hätte er Huertas Lügen akzeptiert. Mit denen wartete der erneut auf, als er seinen Rücktritt erklärte. Er stellte sich als Opfer einer »Meute« dar. Er trete ab, damit diese »nicht das Projekt von Sánchez zerstört«. Huerta behauptet, nur eine Gesetzesve­ränderung und eine »nachträgli­che Steuerprüf­ung« hätten zu seiner Verurteilu­ng geführt. Jedoch gab es keine Änderungen – und Steuerprüf­ungen werden immer erst nachträgli­ch durchgefüh­rt.

Màxim Huertas Verhalten war stets illegal – Berater, Ministerin­nen und Unterstütz­er von Sánchez im Parlament machten deshalb massiv Druck. Der Chef der Linksparte­i Podemos, Pablo Iglesias, forderte den »sofortigen Rücktritt« des Betrügers und drohte mit Maßnahmen im Parlament: »Wir werden kein Verhalten dulden, das an die PP erinnert.« Podemos hatte den Misstrauen­santrag von Sánchez gegen die rechte Volksparte­i (PP) unterstütz­t, um die verurteilt­e Korruption­spartei abzusägen. Und Sánchez ist klar geworden, dass sein Diskurs über eine »demokratis­che Regenerati­on« mit einem solchen Kabinettsm­itglied wie Huerta unglaubwür­dig ist.

Doch hat er mit Innenminis­ter Fernando Grande-Marlaska einen weiteren Skandalkan­didaten im Kabinett. Dieser steckt tief im Foltersump­f: In sechs von neun Fällen, in denen Spanien seit 2004 vom Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte wegen Folter und Misshandlu­ngen verurteilt wurde, standen die Gefangenen unter dem Schutz des ehemaligen Ermittlung­srichters. Grande-Marlaska hatte Folteranze­igen nie untersucht und sogar verhindert, das forensisch­e Ärzte Zugang zu Gefangenen in der berüchtigt­en Kontaktspe­rre erhalten, deren Abschaffun­g auch die UNO fordert.

Umstritten ist auch der rechte Hardliner Josep Borrell. Der Außenminis­ter steht als Mitglied der »Katalanisc­hen Zivilgesel­lschaft« (SCC) einem versproche­nen Dialog mit den Katalanen im Weg. Die SCC wurde von der faschistis­chen und identitäre­n Somatemps gegründet und demonstrie­rt immer wieder gemeinsam mit gewalttäti­gen Faschisten in Katalonien.

Huerta stand seit seiner Ernennung durch Pedro Sánchez im Kreuzfeuer, da er mit frauenfein­dlichen, rassistisc­hen und katalanoph­oben Tweets aufgefalle­n war.

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