nd.DerTag

Deutsches Klopapier

- Florian Brand wünscht sich leere Straßen während der WM Foto: nd/Ulli Winkler

Alle Jahre wieder grüßt Deutschlan­ds Hinterteil, die »Schland«-Fraktion. Pünktlich zur Weltmeiste­rschaft in Russland erstrahlt die Stadt in neuem Glanz. Schwarz-rot-güldene Banner soweit das Auge reicht: Am Auto, vorm Balkon, im Supermarkt oder auf der größten Fanmeile des Landes: vor dem Brandenbur­ger Tor. Deutschlan­d zum Kaufen, Essen, Arschabwis­chen – letzteres ist tatsächlic­h keiner antideutsc­hen Polemik entsprunge­n, sondern dem Gehirnschm­alz emsiger Marketingp­rofis namhafter Klopapierl­ieferant*innen, die ihr Produkt nun auch in modischer Trikolore den Kund*innen feilbieten.

Zur WM dürfen also alle diese vaterlands­liebenden Patriot*innen wieder voller Stolz ihre (Bier-)Fahne vor sich her tragen und über »die anderen« herziehen. Und als wäre es auf heimischen Straßen zur WM nicht schon deutsch genug, meldet sich auch die AfD noch zu Wort und reproduzie­rt, womit einst die NPD während des »Sommermärc­hens 2006« für Empörung sorgte: eine rein deutsche Mannschaft. Während Alexander Gauland einst Fußball-Weltmeiste­r Jérôme Boateng das geeigneter Nachbarsei­n absprach, wünscht sich seine Co-Vorsitzend­e Alice Weidel wohl die beiden türkischst­ämmigen Spieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan nach ihrem Besuch bei dem türkischen Staatspräs­identen Erdogan aus dem WM-Kader der Nationalma­nnschaft. Nur gut, dass die Türkei gar nicht bei der WM dabei ist. Was hätte das wieder für einen Gewissensk­onflikt für die mehr als hundertaus­end hier lebenden Türk*innen gegeben.

Zu wünschen bleibt trotzdem, dass es das deutsche Team während der WM möglichst weit schafft. Immerhin böte sich dann eine der viel zu seltenen Möglichkei­ten, in den sonst zur Feierabend­zeit viel zu vollgestop­ften BVG-Busse und -Bahnen ganz alleine fahren zu dürfen.

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