Realer Horror im Einzelhandel
Lohndumping, Tarifflucht, Ausbeutung – »Aktion Arbeitsunrecht« ruft für 13. Juli zu Protesten bei Real auf
Die Einzelhandelskette Real des Metro-Konzerns hat beschlossen, ihre rund 34 000 Mitarbeiter auszulagern. Die Initiative »Aktion Arbeitsunrecht« will mit einem Aktionstag die Beschäftigten stärken. Die Tarifflucht der Einzelhandelskette Real des Metro-Konzerns führt zu ersten Protesten. Das Bündnis »Aktion Arbeitsunrecht« ruft unter dem Motto »Der Horror ist real« für Freitag, den 13. Juli zu »öffentlichkeitswirksamen und fantasievollen Aktionen« vor und in Filialen des Unternehmens auf. »Ziel ist, das Image von Real anzugreifen«, sagte der Sprecher der Initiative, Elmar Wigand, gegenüber »nd«. »Wir geben der Unternehmensführung eins auf den Deckel, um dadurch ihre Verhandlungsbereitschaft zu erhöhen und Betriebsräte wie Gewerkschaftsmitglieder zu stärken.«
Lokale Solidaritätskomitees sollen die Aktionen durchführen und für »Unruhe« sorgen. »Geltendes Recht wird kreativ ausgelegt«, sagte Wigand. Jede Gruppe handele aber eigenverantwortlich.
Real hatte im März einen »Zukunftstarifvertrag« mit ver.di aufgekündigt und im April beschlossen, seine bundesweit rund 34 000 Mitarbeiter in ein neues Unternehmen auszulagern. Dazu wechselte Real in den Arbeitgeberverband »Arbeitsbedingungen im Handel und Dienstleistungsgewerbe«, der 1987 vom Metro-Vorläufer Asco gegründet worden war. Mit dem Wechsel soll ein Tarifvertrag mit der arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaft DHV ermöglicht werden. Für ver.di eine Kampfansage. Das Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger beklagt Lohndumping und Tarifflucht. Laut ver.di-Angaben sollen die Löhne um bis zu 40 Prozent gesenkt werden.
»Es handelt sich hierbei um eine kriminelle Konstruktion«, kritisierte auch Wigand. »Der Konzern schafft sich seinen eigenen Unternehmerverband und holt eine gelbe Gewerkschaft aus der Mottenkiste.« Die Me- tro zeige dabei schon länger ein »unverschämtes Gebaren«: Real halte sich nicht an Vereinbarungen und sei Vorreiter beim Einsatz von Leiharbeitern, bei der Nutzung von Werkarbeitsverträgen und bei der Umgehung von Ladenschlusszeiten. Selbst im Kernbereich würden Mitarbeiter ersetzt. »Auch gezielter Druck auf Betriebsräte ist zu beobachten«, sagte Wigand. Die Geschäftsführung versuche damit, Gewerkschaften zu umgehen.
»Während die Leistung der Verkäuferinnen und Regaleinräumer bei Real systematisch klein gerechnet wird, stopfen sich die Aktionäre der Metro die Taschen voll«, erklärte der Sprecher weiter. »Zuletzt genehmigten sie sich 256 Millionen an Dividenden.« Laut »Aktion Arbeitsunrecht« agiere hinter der Metro ein »alter Geldadel aus dem Kaiserreich«, vor allem die Familie Haniel, die 2015 zu den zehn reichsten Familien Deutschlands gehörte.
Wigand sieht im Vorgehen der Metro die amerikanische Kultur des »Union-Busting« (Gewerkschaftszerstörung), die für systematisches Be- kämpfen, Sabotieren und Unterdrücken von Arbeitnehmervertretungen steht. »Die Tradition der gelben Gewerkschaft wird wiederbelebt, wir beobachten das mit Sorge.«
»Aktion Arbeitsunrecht« kooperiert mit Gewerkschaftern, Betriebsräten, Aktionsgruppen von ver.di, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac und der Solidaritätsorganisation Rote Hilfe. Der vom Bündnis ins Leben gerufene Aktionstag »Schwarzer Freitag« findet mittlerweile zum siebten Mal statt, die ersten Proteste gab es 2015. Die Initiative will nach eigener Aussage einen »Widerstandstag der arbeitenden Bevölkerung« etablieren.
Am letzten Freitag, den 13., im April gingen Aktivisten gegen Lohndumping und Entrechtung von Kurieren des Online-Lieferdienstes Deliveroo auf die Straße, am 13. Oktober 2017 fanden Aktionen vor H & M-Filialen in 20 deutschen Städten statt. Die bisherigen Proteste zeigten Wirkung. So sei nach Angaben des Bündnisses der Aktienkurs des Textilkonzerns nach »bundesweiten Aktionen und massiver Medienpräsenz eingebrochen«.