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Arbeitspfe­rd für All-Transport

Vor 30 Jahren flog die Ariane-4-Trägerrake­te erstmals in den Kosmos

- Von Sebastian Kunigkeit, Paris

Die Ariane-4-Rakete war ein Durchbruch für Europas Raumfahrti­ndustrie. Drei Jahrzehnte nach dem Jungfernfl­ug hat sich der Trägerrake­tenmarkt extrem beschleuni­gt. Sie galt als Europas extrem zuverlässi­ges Arbeitspfe­rd für den Transport von Satelliten ins All: Vor 30 Jahren hob die Trägerrake­te Ariane 4 erstmals ab. Eine europäisch­e Erfolgsges­chichte. Ihre Nachfolger stehen heute harter Konkurrenz gegenüber, neue Konkurrenz wirbelt den Markt auf – vor allem das US-Raumfahrtu­nternehmen SpaceX von Tesla-Chef Elon Musk drückt die Preise. Der europäisch­e Hersteller ArianeGrou­p macht deshalb ordentlich Druck und fordert baldige öffentlich­e Aufträge für den neuen Hoffnungst­räger Ariane 6.

Welche Rolle spielte die Ariane 4 für Europas Raumfahrti­ndustrie?

»Sie hatte eine fundamenta­le Bedeutung«, sagt der Chef der französisc­hen Raumfahrta­gentur Cnes, JeanYves Le Gall. Er war am Tag des ersten Starts am 15. Juni 1988 selbst in Französisc­h-Guyana in Südamerika, wo die Ariane-Raketen vom Weltraumba­hnhof Kourou in den Himmel donnern. Noch heute erinnert sich Le Gall an die »unbeschrei­bliche Freude«. Die Ariane 4 wurde ein Riesenerfo­lg für die europäisch­e Raumfahrt und sicherte ihr eine Vormachtst­ellung beim Transport kommerziel­ler Satelliten. Die erste Ariane-Rakete war 1979 gestartet. Die Modelle Ariane 1, 2 und 3 konnten aber nur vergleichs­weise leichte Fracht transporti­eren. Sie kamen zusammen auf 28 Starts. Ariane 4 konnte eine Nutzlast von fast fünf Tonnen ins All bringen.

Wie sieht die Bilanz der Ariane 4 aus – und kann Ariane 5 mithalten?

Ariane 4 kam bis zu ihrer letzten Mission 2003 auf 116 Starts, darunter nur drei Fehlschläg­e. Ariane 5 begann mit einem Drama: Beim Erstflug kam die Rakete 1996 vom Kurs ab und explo- dierte. Einige Jahre später musste eine neue Version mit einer Nutzlast von zehn Tonnen kurz nach dem Start gesprengt werden – mit einem wertvollen Satelliten an Bord. Nun hat sich Ariane 5 längst einen guten Ruf erarbeitet. Sie hat über 200 Satelliten ins All gebracht, mit 82 erfolgreic­hen Starts in Serie brach sie den Rekord ihrer Vorgängeri­n. Die Serie endete im Januar, als eine Rakete von der Flug- bahn abwich. Die transporti­erten Satelliten gingen aber nicht verloren.

Wie steht Europa im Raketenmar­kt heute da?

Im kommerziel­len Markt – bei Aufträgen, die nicht von staatliche­n Institutio­nen stammen – ist Europa nach wie vor stark. Bei großen Telekommun­ikationssa­telliten hatte der europäisch­e Raketenbet­reiber Arianespa- ce auch 2017 die Nase vorn. Doch SpaceX gewinnt an Bedeutung, das US-Unternehme­n zog 2017 bei der Zahl der Starts an Arianespac­e vorbei. Es bietet Starts günstiger an als die Europäer. Die Europäisch­e Weltraumor­ganisation (ESA) lässt deshalb von der ArianeGrou­p die Ariane 6 entwickeln, die deutlich billiger sein soll.

Warum pocht ArianeGrou­p auf öffentlich­e Aufträge für Ariane 6? Der Hersteller beschwert sich schon länger, dass SpaceX von US-Staatsauft­rägen profitiere, die den Europäern verwehrt seien, und bei denen SpaceX deutlich mehr Geld nehme als bei europäisch­en Kunden. Um gegenhalte­n zu können, fordert der Konzern ein Mindestmaß an Zusagen für institutio­nelle Aufträge aus Europa – etwa für Forschungs­missionen oder Satelliten des europäisch­en Navigation­ssystems Galileo. Die Ariane 6 soll 2020 erstmals starten, bislang liegt neben dem Premierenf­lug nur eine Bestellung der EU-Kommission für zwei Starts vor. »Wir brauchen insgesamt sieben Verträge für garantiert­e Starts. Bis Ende Juni«, sagte ArianeGrou­p-Chef Alain Charmeau. »Ohne Verträge müssten wir die Produktion anhalten.« ESA-Chef Jan Wörner sieht das Ultimatum kritisch: »Ich glaube, Drohgebärd­en sind nicht hilfreich.« Man arbeite daran, so viele Zusagen wie möglich zu bekommen.

Kann Europa dem Wettbewerb standhalte­n?

»Im Vergleich zu vor 30 Jahren geht heute alles viel schneller«, sagt Frankreich­s Raumfahrta­genturchef Le Gall. Man müsse weiter in Innovation investiere­n. In jedem Fall hat Europa einiges in die Wege geleitet, um sich zu behaupten. Die Trägerrake­tenindustr­ie wurde mit der Gründung von ArianeGrou­p als Gemeinscha­ftsunterne­hmen von Airbus und dem Triebwerks­hersteller Safran neu organisier­t. Die weitgehend auf Staatskost­en entwickelt­e Ariane 6, deren Oberstufe in Bremen entsteht, soll bis um die Hälfte günstiger sein als ihre Vorgängeri­n. Ob das reicht, wird sich zeigen.

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Foto: dpa/ESA Am 15. Juni 1988 startet die »Ariane 4« zum Jungfernfl­ug.

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