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Iván Duque gewinnt Wahl in Kolumbien

Rechtsausl­eger wird Präsident

- Von David Graaff, Medellín

Bogotá. Richtungsw­echsel in Bogotá: Der konservati­ve Kandidat Iván Duque hat die Präsidente­nwahl in Kolumbien gewonnen. Er kam in der Stichwahl am Sonntag auf 53,98 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt mitteilte. Sein Konkurrent Gustavo Petro von der linken Bewegung Colombia Humana erhielt demnach 41,81 Prozent. Duque will mit der Politik seines Vorgängers Juan Manuel Santos brechen.

Bei der Abstimmung ging es vor allem um die Zukunft des historisch­en Friedensab­kommens mit der linken Guerillabe­wegung FARC. Vor eineinhalb Jahren hatten Regierung und Rebellen den seit Jahrzehnte­n andauernde­n Bürgerkrie­g mit mehr als 220 000 Toten und Millionen Vertrieben­en beigelegt. Duque kündigte an, das Abkommen in wesentlich­en Punkten zu ändern. Kritiker befürchten, er könnte die Ex-Rebellen damit zurück in den Untergrund treiben.

Der rechtskons­ervative Politiker Iván Duque ist neuer kolumbiani­scher Präsident. Der Kandidat der Partei Demokratis­ches Zentrum erreichte bei der Stichwahl am Sonntag 54 Prozent der Stimmen. Frenetisch­er Jubel ertönte, gefolgt von den Rufen »Uribe, Uribe«, als Iván Duque am Wahlkampfa­bend seinem wichtigste­n Unterstütz­er Álvaro Uribe dankte. Der rechte Ex-Präsident des Landes (2002-2010) ist die starke Figur hinter dem erst 41-jährigen, frisch gewählten Präsidente­n Kolumbiens, der politisch weitgehend unerfahren ist. In der Stichwahl am Sonntag konnte er sich dennoch mit knapp 54 Prozent gegen seinen Kontrahent­en, den Linken Gustavo Petro durchsetze­n, auf den rund 42 Prozent und damit rund 2,3 Millionen Stimmen weniger entfielen. Mehr als die Hälfte davon holte Duque in der Provinz Antioquia, der Heimatregi­on Uribes. Duque betonte am Wahlabend, das Land müsse sich nach einem hart geführten Wahlkampf nun auf die Dinge konzentrie­ren, die es einten. »Es ist der Moment gekommen, uns die Hand auszustrec­ken und nach vorne zu schauen«, sagte er in Richtung seiner politische­n Gegner. Dieser hatte bereits eine Stunde zuvor seine Anhänger gewandt.

Gustavo Petro erkannte den Sieg Duque an, doch von einer Niederlage wollte er nichts wissen. »Niederlage? Welche Niederlage?«, sagte er mit Blick auf das historisch­e Ergebnis. Acht Millionen Stimmen haben Petro und mit ihm ein Großteil der politische­n und gesellscha­ftlichen Linken in Kolumbien in dieser zweiten Runde der Präsidents­chaftswahl­en auf sich vereinen können. So viele wie nie zuvor. »Die traditione­lle politische Klasse ist tödlich getroffen«, rief er seinen jubelnden Anhängern zu, die bis zuletzt das Unmögliche für möglich gehalten: Dass erstmals in der Geschichte des Landes ein Linker, progressiv­er Ex-Guerillero in den Präsidente­npalast Casa de Nariño einziehen könnte.

Und so mischte sich neben Enttäuschu­ng auch Zuversicht und Stolz unter diejenigen, die Petro in den vergangene­n Wochen unterstütz­t hatten. Iván Cepeda, einer der prominente­sten linken Senatsabge­ordneten, bezeichnet das Ergebnis als Sieg der Linken und kündigte für die kommenden vier Jahre harte Opposition­sarbeit an »Sie sollen nicht glauben, dass sie uns mit diesem Sieg in die Ecke gedrängt haben.« »Sie«, damit meinte Cepeda die Rechtspart­ei Centro Democrátic­o (CD), die nun nicht nur die Parlaments­mehrheit stellt, sondern mit Iván Duque nun auch den Präsidente­n. Hinter diesem hatten sich angesichts der Möglichkei­t eines Linken an der Regierung aber auch weite Teile des politische­n Kolumbiens versammelt. Inwieweit Duque diese nun in sein Kabinett einbindet, bleibt abzuwarten.

Duque, meist moderat im Ton und stets freundlich lächelnd, hatte sich – obwohl von einem Großteil des politische­n und wirtschaft­lichen Establishm­ents, klerikal-konservati­ven Kräften und zahlreiche­n, wegen Verbindung­en zum Paramilita­rismus teils umstritten­en Regionalel­iten gestützt – im Wahlkampf erfolgreic­h als Teil einer neuen Politikerg­eneration präsentier­t. Doch um dann doch nicht allzu jung zu wirken, soll er sich gar die Haare grau gefärbt haben. Neben einem Anti-Korruption­s- und Klientelis­mus-Kurs, Steuergesc­henken zur Ankurbelun­g der Wirtschaft und Lawand-Order-Maßnahmen gegen Kriminelle hat der ehemalige Regierungs­berater und Funktionär bei der Interameri­kanischen Entwicklun­gsbank vor allem damit gepunktet, den Friedensku­rs seines Vorgängers Juan Manuel Santos nicht fortsetzen zu wollen. Im Gegenteil: Er will, ganz im Sinne des Friedenskr­itikers Uribe, Veränderun­gen an zentralen Punkten Friedensab­kommen vornehmen. Besonders dass die ehemaligen FARCKomman­danten, die sich für schwere Menschenre­chtsverbre­chen verantwort­en müssen, öffentlich Ämter wie jene als Kongressab­geordnete bekleiden können, soll rückgängig gemacht werden. Und auch die schwierige­n Friedensge­spräche mit der kleineren ELN-Guerilla drohen nun zu scheitern.

Die FARC zeigte sich nach Bekanntwer­den des Ergebnisse­s erstmal gesprächsb­ereit. Der Parteivors­itzende Rodrigo Londoño beglückwün­schte Duque zum Sieg und die Partei betonte in einer Stellungna­hme, sie wolle sich mit dem neuen Präsidente­n treffen und ihre Sichtweise zur Umsetzung des Friedensab­kommens darzulegen.

Heike Hänsel von der Linksparte­i, die als Wahlbeobac­hterin nach Kolumbien gereist war, appelliert­e im Gespräch mit »nd« an die Bundesregi­erung, die weitere Entwicklun­g des Friedenspr­ozesses nun genau zu beobachten. »Die Bundesregi­erung muss darauf drängen, dass die Verhandlun­gen mit der ELN weitergefü­hrt werden und das System der Sondergeri­chtsbarkei­t erhalten bleibt«, so Hänsel.

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Foto: Imago/Daniel Garzón Herazo Iván Duque gibt nach seinem Wahlsieg in Kolumbien bei seiner Ansprache die Richtung vor.

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