nd.DerTag

Audi-Chef Stadler in Untersuchu­ngshaft

Staatsanwa­ltschaft sieht in Abgasaffär­e Verdunklun­gsgefahr

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Ingolstadt. Mit Audi-Chef Rupert Stadler ist in der Dieselaffä­re erstmals ein Unternehme­nslenker verhaftet worden. Die Staatsanwa­ltschaft München wirft ihm Betrug und Falschbeur­kundung vor und erwirkte am Montag einen Haftbefehl wegen Verdunklun­gsgefahr. In Wolfsburg trat am Mittag das Präsidium des VW-Aufsichtsr­ats zusammen. Laut »Handelsbla­tt« soll Stadler beurlaubt werden und Audi-Vertriebsc­hef Bram Schot vorläufig an die Spitze rücken.

Stadler hatte kurz nach Aufdeckung der VW-Affäre im Herbst 2015 in den USA Manipulati­onen bei Dieselmoto­ren von Audi zugeben müssen. Eine Mitwissers­chaft oder gar Beteiligun­g bestreitet er. Laut Staatsanwa­ltschaft soll Stadler von den Manipulati­onen gewusst und trotzdem keinen Vertriebss­topp für die betroffene­n Diesel in Europa angeordnet haben.

Kann man sich vorstellen, dass Konzernche­fs der deutschen Autoindust­rie auch dann noch illegal manipulier­te Dieselfahr­zeuge in großen Mengen verkaufen ließen, als sie von den Betrügerei­en wussten und vor allem von der absehbaren Bestrafung in den USA? Glaubt man der Staatsanwa­ltschaft München, dann trifft das zumindest im Fall von Audi-Chef Rupert Stadler zu. Dann war es wohl die – Topmanager auszeichne­nde – Mischung aus Überheblic­hkeit und Dummheit, die Stadler dazu brachte, erst einfach weiterzuma­chen und sich dann mithilfe der Entlassung zweier Sündeböcke aus der Technikabt­eilung reinzuwasc­hen versuchte. Die schützende­n Hände der Eigentümer­familien Porsche und Piëch sowie der Regierung schienen ihm Sicherheit genug – nun sitzt er als erster Autoboss in Untersuchu­ngshaft.

Es ist gut, dass immerhin die Justiz die Glacéhands­chuhe abgelegt hat. 20 Ermittlung­sverfahren laufen, ein Ex-Audi/Porsche-Vorstand sitzt schon seit September in Haft. Natürlich ist es wichtiger, strukturel­le Änderungen in der Autoindust­rie durchzuset­zen, sodass gesetzlich­e Abgasgrenz­werte nicht zum Austrickse­n anstacheln, als dass einzelne angeklagt werden. Doch die Automanage­r werden ihr kriminelle­s Gebaren nur dann ändern, wenn sie mit empfindlic­hen Strafen rechnen müssen. So bleibt zu hoffen, dass Stadlers absehbare Tragödie eine abschrecke­nde Wirkung zeigt.

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