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Fake-News-Gesetz schränkt Pressefrei­heit ein

Verfassung­sklage in Frankreich gegen den Schutz von Geschäftsg­eheimnisse­n

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Im Pariser Parlament wird ein von der Regierung eingebrach­tes Gesetz gegen Informatio­nsmanipula­tion diskutiert, das auf Widerstand stößt. Aber wegen Macrons Mehrheit ist es kaum aufzuhalte­n. Unter dem griffigen Slogan des Kampfes gegen Fake News soll in Frankreich verhindert werden, dass vor allem übers Internet in großem Umfang Falschmeld­ungen verbreitet werden. »Dieses Gift droht unsere Demokratie zu zersetzen«, hieß es zur Begründung. Das Gesetz soll allerdings nur drei Monate vor einer Parlaments- oder Europawahl und bis zum Ende dieses Votums gelten. Damit ist klar, dass es hier um eine Konsequenz aus den Manipulati­onen um die Präsidents­chaftswahl 2016 in den USA geht. Doch auch bei der französisc­hen Präsidents­chaftswahl 2017 spielten im Internet verbreitet­e Fake News eine Rolle.

So wurde unterstell­t, Emmanuel Macron sei homosexuel­l und die Ehe mit Brigitte nur eine Tarnung. Weil das in Umfragen Wirkung zu zeigen begann, hat Macron das auf einem Meeting offen angesproch­en und durch einen Scherz wirksam entkräftet. Als jedoch in der Fernsehdeb­atte mit Marine Le Pen die FN-Kandidatin das gerade erst im Internet aufgekomme­ne Gerücht aufgegriff­en hat, wonach Macron ein geheimes Bankkonto auf den Bahamas besitzen soll, hat dieser umgehend eine Verleumdun­gsklage gegen Unbekannt eingereich­t. Dass die Justiz diese Klage bis heute nicht abschließe­nd behandelt hat, zeugt davon, wie schwierig solche Fälle aufzukläre­n sind.

In den USA wie in Frankreich spielten der Fernsehsen­der Russia Today und die Nachrichte­nplattform Sputnik, die beide dem Kreml nahestehen und von dort finanziert werden, eine Rolle bei der Verbreitun­g, wenn nicht sogar als Urheber solcher Falschmeld­ungen. Auf einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Wladimir Putin im Mai 2017 im Schloss von Versailles hat Emmanuel Macron Russia Today und Sputnik als »Propaganda­organe« abqualifiz­iert – wobei Putin keine Miene verzog.

Das neue Gesetz soll für die Zukunft solche Eingriffe in den Wahlkampf verhindern, indem beim Auftauchen von Verleumdun­gen oder Falschmeld­ungen der betroffene Kandidat oder seine Partei die Justiz anrufen kann und ein Richter im Schnellver­fahren innerhalb von 48 Stunden ein Urteil fällen muss. Ausdrückli­ch ist im Gesetzeste­xt vorgesehen, dass ausländisc­hen Fernseh- sendern in solchen Fällen kurzfristi­g die Lizenz entzogen werden kann.

Kritik an dem Fake-News-Gesetz kommt vor allem von den linken Parteien, aber auch von Journalist­en, die dadurch die Meinungs- und Pressefrei­heit eingeschrä­nkt sehen. Sie argumentie­ren, dass das Gesetz von 1881 über die Pressefrei­heit bereits Verleumdun­g und die Verbreitun­g falscher Nachrichte­n unter Strafe stellt, und dass sich dieses Gesetz bewährt hat. »Immer neue Gesetze bringen immer komplizier­tere Bedingunge­n für die Medien und schränken gewollt oder ungewollt die Informatio­nsfreiheit ein«, meint Pauline Adés von der Organisati­on Reporter ohne Grenzen.

Dieselbe Kritik richtet sich gegen das vergangene­n Donnerstag angenommen­e Gesetz, mit dem die EU-Direktive von 2016 über den Schutz von Geschäftsg­eheimnisse­n in französisc­hes Recht überführt wird. Angeblich soll es nur Wirtschaft­sspionage verhindern, doch tatsächlic­h wird dadurch auch die Aufdeckung von Steuerfluc­ht, Betrug und anderen Straftatbe­ständen erschwert und grundsätzl­ich unter Strafe gestellt, erklären nicht nur die Journalist­en als unmittelba­r Betroffene, sondern auch Gewerkscha­ften und Verbrauche­rverbände. Die Parlaments­fraktion der Kommunisti­schen Partei reicht am heutigen Montag beim Verfassung­srat eine Klage ein, um die Vereinbark­eit dieses umstritten­en Gesetzes mit dem Grundgeset­z prüfen zu lassen.

»Immer neue Gesetze bringen immer komplizier­tere Bedingunge­n für die Medien und schränken gewollt oder ungewollt die Informatio­nsfreiheit ein.« Pauline Adés, Reporter ohne Grenzen

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