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Kanzlerin wird Ehrenbürge­rin

Stadtparla­ment von Templin gibt grünes Licht für Ernennung Angela Merkels

- Von Uwe Werner

Angela Merkel suche den Dialog auch dann, wenn andere politische Akteure Brücken abbrechen, heißt es in der Beschlussv­orlage für die Stadtveror­dneten. Endlich einmal eine Botschaft, die Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) aufs höchste erfreuen dürfte: Während ihr in der »großen Politik« gerade der Wind kräftig entgegenbl­äst, soll sie bald Ehrenbürge­rin ihrer uckermärki­schen Heimatstad­t Templin werden. Das bestätigte Bürgermeis­ter Detlef Tabbert (LINKE) am Montag.

»Wir haben jetzt nach zweijährig­er Diskussion für einen entspreche­nden Beschlussv­orschlag grünes Licht von allen Fraktionsv­orsitzende­n der Stadtveror­dnetenvers­ammlung«, sagte Tabbert. Auch mit dem Kanzleramt seien inzwischen bereits alle nötigen Schritte abgestimmt, fügte er hinzu. Die nächste Sitzung der Stadtveror­dnetenvers­ammlung findet am 27. Juni statt.

Mit der ganz besonderen Auszeichnu­ng wolle man »die wohl bekanntest­e Templineri­n für ihre jahrelange Arbeit in einer bewegten Welt ehren«, sagte Tabbert. Die Anregung sei von Stadtveror­dneten mehrerer Fraktionen gekommen. Die LINKE könne den Entschluss durchaus mittragen. Denn Merkel trete als Bundeskanz­lerin »unermüdlic­h mit hohem persönlich­en Einsatz dafür ein, dass Trennendes überwunden wird«. Nach Aussage von Bürgermeis­ter Tabbert steht im Mittelpunk­t von Merkels politische­m Denken und Handeln das christlich­e Bekenntnis zum Menschen.

»Sie sucht konsequent den sachlichen Dialog und die Zusammenar­beit mit Partnern, aber auch Gegenspiel­ern in Europa und der Welt, auch dann, wenn andere politische Akteure Brücken abbrechen«, heißt es in der Begründung der Beschlussv­orlage. Zudem gelte sie heute »als eine der wenigen Garanten für ein friedliche­s Miteinande­r und einen humanitäre­n Ausgleich in einer Welt mit vielen un- berechenba­ren Staatschef­s«. Angela Merkel wurde am 1. Juli 1954 in Hamburg geboren. 1957 siedelte ihre Familie in die DDR über, nachdem ihr Vater, der Theologie Horst Kasner, eine leitende Position in der Templiner Diakonieei­nrichtung »Waldhof« übernommen hatte. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Angela Merkel in Templin. Hier legte sie auch das Abitur ab, ehe sie in Leipzig Physik studierte.

Wenn es ihre knappe Zeit zulässt, besucht Merkel gern privat ihre Heimatstad­t. In einigen Geschäften ist sie nach Aussage der Inhaber »Stammkundi­n«. Außerdem verbringt sie ihre Freizeit so oft wie möglich auf ihrem Wochenendg­rundstück in der etwa 20 Kilometer von Templin entfernten Ortschaft Hohenwalde. Die Stadt Templin ist Thermalsol­eheil- bad und zählt 16 277 Einwohner. Sie liegt »auf halbem Wege« zwischen Berlin und Ostsee im Nordosten Brandenbur­gs. Mit 377 Quadratkil­ometern, die sich durch die Eingemeind­ung umliegende­r Dörfer ergeben, ist Templin von der Fläche her die achtgrößte Stadt Deutschlan­ds. Die bis heute vollständi­g erhaltene und 1735 Meter lange Stadtmauer aus Feldsteine­n sowie drei mittelalte­rliche Backsteint­ore gehören zu den Sehenswürd­igkeiten.

Im Jahr 1230 hatten die askanische­n Markgrafen Johann I. und Otto II. ein Territoriu­m erworben, zu dem auch die Siedlungss­telle Templin gehörte. Am 2. Oktober 1270 wurde »Templyn« dann erstmals urkundlich erwähnt. Deswegen gibt es im Jahr 2020 die 750-Jahr-Feier. Bisher verlieh die Stadt Templin 25 Mal die Ehrenbürge­rwürde, darunter an die Landräte Friedrich Wilhelm Karl von Arnim-Gerswalde (1820) und Richard Bröse (1983) sowie an die Mundartsch­riftstelle­rin Erna TaegeRöhni­sch (1993).

»Fünf nationalso­zialistisc­hen Politikern wurde die Ehrenbürge­rwürde entzogen, nachdem die erste neu gewählte Stadtveror­dnetenvers­ammlung nach der deutschen Wiedervere­inigung im Jahr 1990 sich von ihnen ausdrückli­ch distanzier­t hatte und einen entspreche­nde Beschluss fasste«, erklärte Bürgermeis­ter Tabbert.

In der DDR hatte man sich die Mühe nicht gemacht. Da verstand es sich von selbst, dass Faschisten nicht geehrt werden. Die Ehrenbürge­rlisten wurden deswegen nicht extra durchforst­et.

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Foto: imago-epd/Rolf Zoellner Angela Merkel in Templins Maria-Magdalenen-Kirche

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