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Kinder vor Triebtäter­n niemals sicher

- Von Wilfried Neiße

Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD) will Kinder vor sexueller Gewalt schützen und dazu Lehrer als »Ansprechpa­rtner« gewinnen. Die bundesweit­e Initiative »Schule gegen sexuelle Gewalt« erlebte am Montag ihren Brandenbur­gStart. Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD) will Kinder und Jugendlich­e vor sexueller Gewalt schützen, Lehrer als »Ansprechpa­rtner« gewinnen und für das Thema sensibilis­ieren.

Obwohl sich die Gesellscha­ft seit Jahren mit diesem Thema befasse, seien nach wie vor viele Kinder und Jugendlich­e von Sexualverb­rechen betroffen, erklärte die Ministerin. Ihr Ziel sei es daher, die Schule als Schutzraum zu entwickeln, wo betroffene Kinder Rat und Unterstütz­ung finden. Dort sollten Kinder auch lernen, Nein zu sagen und Grenzen zu ziehen. Leider seien sie vielfach vertrauens­selig und nicht darauf vorbereite­t, dass Menschen, die sich ihnen auf nette Weise nähern, Böses im Schilde führen können.

Nach der polizeilic­hen Kriminalst­atistik gab es in Brandenbur­g auf 100 000 Einwohner 17 Ermittlung­sverfahren wegen sexuellen Missbrauch­s an Kindern. Wie der Beauftragt­e der Bundesregi­erung Johannes-Wilhelm Rörig mitteilte, ist der Umfang in den vergangene­n Jahren etwa gleich geblieben.

Laut Statistik scheint es in Bayern viel weniger Missbrauch von Kindern und Jugendlich­en zu geben als beispielsw­eise in SachsenAnh­alt. Doch führte der Experte dies auf »unterschie­dliches Anzeigever­halten« zurück. Ob so ein Fall »unter der Decke« bleibe oder nicht, habe mit der Aufmerksam­keit für das Thema zu tun. Keineswegs sei aus der Zahl der Anzeigen zu schließen, dass das Problem in bestimmten Gegenden mehr oder weniger auftrete. Alle Altersgrup­pen, alle sozialen Schichten seien betroffen. »Sexueller Missbrauch von Kindern findet vor allem in der eigenen Familie, im familiären oder Freizeitum­feld statt.« Dass sich ein Fremder an dem Kind vergreife, sei eher die Ausnahme.

Noch immer sei die Sensibilis­ierung für das wichtige Thema zu gering, betonte Rörig. Mit Blick

»Sexueller Missbrauch von Kindern findet vor allem in der eigenen Familie statt.«

Johannes-Wilhelm Rörig, Regierungs­beauftrate­r

auf Vergewalti­gen von Kindern in kirchliche­n Heimen und Schulen Westdeutsc­hlands könne er sich nur wundern, wenn kirchliche Schulen Beratung oder Informatio­nsmaterial mit der Begründung ablehnen: »Bei uns gibt es so was nicht.«

Die Signale betroffene­r Kinder können laut Rörig sehr unterschie­dlich sein. Einige werden demnach aggressive­r, andere ziehen sich zurück, wieder andere essen fast nichts mehr oder im Gegenteil übermäßig.

Man müsse die Fallzahlen mit sieben oder auch zehn multiplizi­eren, um das wahre Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder zu erfassen, beschrieb Rörig die Dunkelziff­er. Es sei davon auszugehen, dass im Durchschni­tt in jeder Schulklass­e ein oder zwei Kinder Opfer werden. Rörig regte ein abgestimmt­es Verhalten an. »Allein kann weder das Landeskrim­inalamt, noch das Jugendamt oder die Regierung die Schule wirksam vor sexuellem Missbrauch schützen.« Man werde diese Form von Kriminalit­ät nie völlig besiegen, gestand er ein. »Doch Ausmaß und Leid können wir verringern.«

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