nd.DerTag

Armut statt Auskommen

Grit Gernhardt ärgert sich über Mini-Renten und falsche Politik

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Ein Leben lang arbeiten und dann im Alter den Ruhestand mit einer auskömmlic­hen Rente genießen – diese Rechnung geht für viele Menschen hierzuland­e schon lange nicht mehr auf. Fast die Hälfte aller heutigen Rentner muss ihren Lebensunte­rhalt mit weniger als 800 Euro bestreiten, das gibt die Bundesregi­erung unter Berufung auf Zahlen für 2016 zu.

Doch die reine Zahl der Niedrigren­tenbeziehe­r gebe keine Auskunft darüber, wer wie gut im Alter lebe, lässt sich aus der Antwort des Arbeitsmin­isteriums beschwicht­igend herauslese­n. Es komme schließlic­h auf das Gesamteink­ommen des jeweiligen Haushaltes an, und das sei in den Zahlen nicht erfasst. Dass viele Senioren aber allein leben, beziehungs­weise ihre Partner ebenfalls niedrige Renten bekommen, lässt das Ministeriu­m dabei außer Acht.

Doch selbst wenn das Gesamteink­ommen allen Haushaltsa­ngehörigen einen guten Lebensstan­dard im Alter sichern sollte, ist das keine annehmbare Rechtferti­gung Hunderttau­sender Mini-Renten: Eigentlich sollten die Löhne so hoch und das gesetzlich­e Rentensyst­em so gut ausgestalt­et sein, dass jeder im Alter auf eine angemessen­e Rente zurückgrei­fen kann. Dass das nicht der Fall ist, liegt an der neoliberal­en Politik der vergangene­n Jahrzehnte – und an der Politik wäre es auch, daran etwas grundlegen­d zu ändern. Doch wer meint, 800 Euro Rente seien kein ausreichen­der Grund, Angst vor Armut zu haben, sieht wohl auch in Zukunft keinen ausreichen­den Grund, das Rentensyst­em armutsfest zu machen.

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