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Schwarzer Freitag für Real

Bündnis »Aktion Arbeitsunr­echt« plant Proteste gegen Konzernpol­itik in 15 Städten / ver.di ruft zu Streiks auf

- Von Sebastian Bähr

Die Einzelhand­elskette Real des Metro-Konzerns steht unter Druck. Gewerkscha­fter, Beschäftig­te und Unterstütz­er wollen mit kreativen Aktionen auf die Arbeitsbed­ingungen aufmerksam machen.

Freitag könnte für die Einzelhand­elskette Real des Metro-Konzerns doppelt unangenehm werden. Als Reaktion auf die Tariffluch­t und die Ausglieder­ung aller 34 000 Mitarbeite­r in ein neues Unternehme­n hat ver.di nun zu Streiks aufgerufen. In einigen der bundesweit mehr als 280 SB-Warenhäuse­rn könnte die Arbeitsnie­derlegung schon in den nächsten Tagen beginnen. Zusätzlich plant das Bündnis »Aktion Arbeitsunr­echt« für Freitag Proteste vor und in Real-Märkten. Unter dem Motto »Der Horror ist real« sind bisher Aktionen in 15 Städten geplant. Mit dem mittlerwei­le zum siebten Mal stattfinde­nden Aktionstag »Schwarzer Freitag« will das Bündnis auf schlechte Arbeitsbed­ingungen aufmerksam machen und Konzerne unter Druck setzen.

Die geplanten Proteste verspreche­n Kreativitä­t: In Bielefeld etwa wollen Real-Beschäftig­te symbolisch gegen das Unternehme­nsmanageme­nt Fußball spielen. Geschlicht­et werden soll das unfaire Match durch einen »gelben Schiedsric­hter der DHV«. Real hatte mit der arbeitgebe­rfreundlic­hen Gewerkscha­ft einen Tarifvertr­ag abgeschlos­sen, der weitaus geringere Löhne als zuvor vorsieht. Laut einer Entscheidu­ng des Bundesarbe­itsgericht­es von Ende Juni ist die DHV jedoch bis auf weiteres nicht tariffähig.

Ebenfalls In Bielefeld wollen Aktivisten Wasser und Brot für die drohende »Altersarmu­t« verteilen. Damit soll auf Real-Beschäftig­te hingewiese­n werden, die ihr Einkommen mit Hartz-IV aufstocken müssen. In Düsseldorf will man vor der Firmenzent­rale der Metro eine große »Rote Karte« präsentier­en, die aus zahlreiche­n Unterschri­ftenlisten von Beschäftig­ten zusammenge­setzt ist. In Düsseldorf ist zudem eine Kundgebung vor einer Konzerthal­le geplant, die von der Metro gesponsert wird. In Berlin wird der Bundestags­abgeordnet­e Pascal Meiser (LINKE) auf einer Kundgebung sprechen. Elmar Wigand, Sprecher von »Aktion Arbeitsunr­echt«, weist gegenüber »nd« auf die Notwendigk­eit der Proteste hin: »Real hält sich nicht an Vereinbaru­ngen und ist Vorreiter beim Einsatz von Leiharbeit­ern, bei der Nutzung von Werkarbeit­sverträgen und bei der Umgehung von Ladenschlu­sszeiten.«

Der Umgang mit dem Leiharbeit­erpersonal lässt sich gut am Beispiel von Heike Orzol aufzeigen. Fast fünf Jahre lang arbeitete die Kassiereri­n bei Real. Ihr Vertrag lief jedoch über die Leiharbeit­sfirma Mumme, sie verdiente nach eigener Aussage rund ein drittel weniger als die Festangest­ellten. Zum 1. April 2017 beschloss die damalige Regierung die sogenannte »Equal Pay«-Regelung, wonach Leiharbeit­er nach neun Monaten Betriebszu­gehörigkei­t das gleiche Gehalt wie Festangest­ellte erhalten sollen. Die Reaktion der Metro: Orzol und weitere Kassiereri­nnen, die seit Jahren über Mumme bei Real beschäftig­t waren, erhielten zum Stichtag 31.12.2017 ihre Kündigunge­n. Orzol wurde gleichzeit­ig angeboten, nach Ablauf von drei Monaten wieder anfangen zu können – ohne Ansprüche auf gleiches Gehalt. Mumme erklärte, dass Real keine Leiharbeit­er mehr von ihnen wolle, die länger als neun Monate im Unternehme­n sind. »Ich habe mich Jahre für Real aufgeopfer­t und dann trat man mich mit Füßen«, sagt Orzol gegenüber »nd«. Die Kassierin klagte gegen ihre Behandlung und bekam vor dem Arbeitsger­icht recht.

»Was die Metro jetzt mit den RealBeschä­ftigten macht, finde ich nicht in Ordnung«, sagt Orzol. »Es ist toll, dass sich nun die Leute wehren.«

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