Minderheitsregierung von Babiš bleibt
Tschechische Regierung übersteht Vertrauensabstimmung – Prager protestieren
Am Mittwoch hat auch die Kommunistische Partei für das Kabinett von Ministerpräsident Andrej Babiš gestimmt. Zum ersten Mal seit 1989 dulden die Kommunisten eine Regierung in Tschechien. Neun Monate nach den Parlamentswahlen in Tschechien hat die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Andrej Babiš eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Von den 196 anwesenden Abgeordneten stimmten nach einer Marathonsitzung in der Nacht zum Donnerstag 105 für die Minderheitsregierung von Babiš Ano-Partei mit den Sozialdemokraten. Unterstützung bekam die Regierung auch von der Kommunistischen Partei – zum ersten Mal seit der Wende 1989.
»Das Parlament hat dem Kabinett sein Vertrauen ausgesprochen«, sagte Parlamentspräsident Radek Vondracek nach der mehr als 16-stündigen Sitzung. Es ist das erste Mal seit dem Ende des Kommunismus 1989, dass eine Regierung von den Kommunisten geduldet wird. Diese hatten ihre Unterstützung an die Bedingung geknüpft, im Gegenzug Posten in großen staatlichen Unternehmen zu erhalten. Babiš und auch Staatschef Milos Zeman waren früher beide Mitglieder der Kommunistischen Partei.
Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Mittwoch vor dem Parlament in Prag gegen die Kommunistische Partei. Als Babiš nach draußen kam, um mit den Demonstranten zu sprechen, wurde er ausge- buht. Medienberichten zufolge warfen einige Protestteilnehmer Plastikflaschen auf den Regierungschef.
Dem Politikwissenschaftler Tomas Lebada von der Palacky-Universität zufolge stellt die Duldung durch die Kommunisten eine »Verschiebung« in Tschechien dar. »Diese Situation ist neu, aber es ist keine Revolution«, sagte er und verwies auf die Regional- und Gemeindeebene, wo die Kommunisten zum Teil regierten.
Nach der Wahl im Oktober waren neun Monate bis zur Bildung einer Regierung vergangen. Potenzielle Koalitionspartner mieden den auch wegen Korruptionsvorwürfen umstrittenen Milliardär Andrej Babis zunächst. Der erste Versuch, eine Regierung aus Mitgliedern von Babiš populistischer Ano-Partei und parteilosen Experten zu bilden, war im Januar bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament gescheitert.
Im Juni war es Babiš zwar gelungen, eine Minderheitsregierung mit den Sozialdemokraten zu bilden. Sie verfügt aber nur über 93 der 200 Sitze im Parlament und ist daher auf die Unterstützung der 15 kommunistischen Abgeordneten angewiesen.
Das Kabinett ist allerdings noch unvollständig: Staatschef Milos Zeman weigert sich bislang, den Sozialdemokraten Miroslaw Poche als Außenminister zu bestätigen. Deshalb wird das Amt derzeit kommissarisch von Innenminister Jan Hamacek geleitet. Zeman wirft Poche Korruption vor und kritisiert ihn wegen seiner offenen Haltung in Asylthemen. Tschechien verfolgt in der Asylpolitik unter Babiš eine harte Linie gegen Einwanderung.