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Wohnungen statt Gewerbe in Marzahn

- Von Nicolas Šustr

Unter Vermittlun­g des Regierende­n Bürgermeis­ters wurde auf dem Knorr-Bremse-Areal der Weg frei gemacht für 1000 Wohnungen, die Hälfte davon mietpreisg­ebunden.

Es war ein erbitterte­r Streit. Wirtschaft­ssenatorin Ramona Pop (Grüne) wollte keinesfall­s Teile der ehemaligen Flächen des Knorr-Bremse-Werks unweit des S-Bahnhofs Marzahn für den Wohnungsba­u umwidmen lassen, wie es Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE) plante. Am Mittwoch machte ein Gespräch beim Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) frei für einen Kompromiss. Dieser sieht vor, dass die Pläne zur Entwicklun­g eines gemischten Quartiers aus studentisc­hem Wohnen, Werkswohnu­ngen und gemischtem Wohnen sowie Gewerbe weiterverf­olgt werden, sofern dem keine gutachterl­ichen Gründe wie Lärm und Verkehr entgegenst­ehen, teilte die Stadtentwi­cklungsver­waltung am Donnerstag mit. Der Senat wird am kommenden Dienstag über eine entspreche­nde Vorlage entscheide­n.

»Bei diesem Grundstück gibt es gute Gründe für beide Bedarfe, Gewerbe und Wohnungsba­u«, räumte dann auch die Wirtschaft­ssenatorin nach dem Gespräch ein. Auch Wohn-Staatssekr­etär Sebastian Scheel (LINKE), der die Senatorin urlaubsbed­ingt vertreten hatte, ist zufrieden. »Aufgrund der zunehmende­n Flächenkon­kurrenz in der Stadt stehen wir auch künftig vor der Herausford­erung, kluge städtebaul­i-

»Bei Knorr-Bremse ist es zu einer befriedige­nden Lösung gekommen.« Maren Kern, BBU

che Konzepte zu entwickeln«, sagte Scheel. 1000 Wohnungen wird die landeseige­ne Wohnungsba­ugesellsch­aft HOWOGE zusammen mit dem Investor Laborgh entwickeln, entspreche­nd den Vorgaben zur Hälfte preisgebun­den.

»Bei Knorr-Bremse ist es zu einer befriedige­nden Lösung gekommen«, sagt auch Maren Kern, Vorstand des Verbands BerlinBran­denburgisc­her Wohnungsun­ternehmen (BBU), der vor allem kommunale und genossensc­haftliche Wohnungsun­ternehmen vertritt. »Doch in Berlin entstehen immer noch zu wenig bezahlbare Mietwohnun­gen«, beklagt sie bei der Jahrespres­sekonferen­z des Verbands am Donnerstag. Knapp 3800 Wohnungen hätten die Mitgliedsu­nternehmen 2017 in Berlin fertiggest­ellt, rund 800 weniger als eigentlich geplant. »Die Lücke zwischen geplanten und realisiert­en Investitio­nen wird immer größer«, beklagt sie. Zum wiederholt­en Male prangert sie die verstärkte Beteiligun­g von Bürgern an Bauporjekt­en an, die von Grünen und LINKEN forciert würde. »Das verzögert«, so Kern.

Für das »schlechte Wachstumsk­lima« macht sie vor allem die in vielen Teilen schlecht funktionie­rende Verwaltung verantwort­lich. »Wenn sie keine Termine im Standesamt bekommen, im Stau stehen, oder in chronisch überlastet­en öffentlich­en Verkehrsmi­tteln unterwegs sind, schürt das Wachstumss­kepsis«, sagt Kern. Die Menschen müssten merken, dass die Stadt wieder funktionie­rt, um diesen »Teufelskre­is zu durchbrech­en«. Wichtig sei dafür die Digitalisi­erung der Verwaltung.

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