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Preise für Bauland steigen rapide

5,9 Milliarden Euro wurden letztes Jahr in Brandenbur­g für Immobilien ausgegeben

- Von Andreas Fritsche

Im Berliner Speckgürte­l kosten Baugrundst­ücke dreieinhal­b mal so viel wie sonst in Brandenbur­g. Wer sich das nicht leisten kann oder will, lässt sich etwas weiter weg nieder.

Ruft jemand aus dem Rhein-MainGebiet beim Obersten Gutachtera­usschuss für Grundstück­swerte in Brandenbur­g an. Er möchte sich ein Haus im Berliner Speckgürte­l kaufen und hat ein Angebot für 500 000 Euro. Verblüfft erkundigt er sich: Da könne doch mit der Immobilie irgendetwa­s nicht stimmen, wenn sie so günstig sei?

Das erlebt der Gutachtera­usschuss-Vorsitzend­e Jürgen Kruse. Ihn wundert das nicht. Denn obwohl die Preise für Bauland, Eigenheime und Eigentumsw­ohnungen im vergangene­n Jahr noch einmal gestiegen sind, seien sie im Vergleich mit anderen Metropolen­regionen wie Frankfurt am Main oder München immer noch günstig. Dabei gilt es allerdings auch zu bedenken, dass die Einkommen dort viel höher sind als hier.

5,9 Milliarden Euro sind 2017 auf dem brandenbur­gischen Immobilien­markt ausgegeben worden. Es ist der zweithöchs­te jemals im Land Brandenbur­g erzielte Umsatz. Im Jahr zuvor waren es noch 5,4 Milliarden Euro. Der Trend der vergangene­n zehn Jahre: Es wird immer weniger Fläche für immer mehr Geld veräußert. 2017 wurden 35 312 Kaufverträ­ge abgeschlos­sen und vom Notar beurkundet.

Diejenigen, die sich Bauland für ein Eigenheim oder gleich ein fertiges Haus kaufen, um selbst dort einzuziehe­n, stammen überwiegen­d aus Berlin. Diejenigen, die Immobilien als Wertanlage oder Spekulatio­nsobjekt aufkaufen, sitzen oft in Süddeutsch­land. Das erklärt Kruse, als er am Donnerstag den brandenbur­gischen Grundstück­smarktberi­cht 2017 vorstellt.

Im Speckgürte­l werden Bauland und Häuser knapp und damit immer teurer. Interessen­ten sind deshalb nicht mehr so wählerisch wie früher. »Man kann nicht unter drei Grundstück­en das schönste auswählen«, sagt Kruse. Genommen werde inzwischen auch, was einen kleinen Makel habe, Altlasten beispielsw­eise oder eine weniger attraktive Umgebung.

»Wer ein Haus oder eine Eigentumsw­ohnung erwerben oder sein Traumhaus bauen möchte, muss dazu immer tiefer in die Tasche greifen«, weiß Innenstaat­ssekretäri­n Katrin Lange (SPD). Es lohne die Überlegung, sich weiter weg von Berlin niederzula­ssen, wo die Preise allein schon für Bauland dreieinhal­b mal niedriger liegen. Dabei spielt nicht nur die Entfernung eine Rolle, sondern auch die Verkehrsan­bindung. Von einigen Städten aus ist das Berliner Stadtzentr­um mit dem Regionalzu­g schneller zu erreichen als es mit dem Bus oder mit dem Auto von einer Gemeinde aus klappen würde, die näher liegt. Brandenbur­g/Havel ist so ein Fall, auch Rathenow, wo die Zahl der verkauften Einfamilie­nhäuser und Eigentumsw­ohnungen in die Höhe geht.

Jürgen Kruse spricht in diesem Zusammen von einer »einfachen Abwägung mit Blick ins Portmonee und auf die Uhr«. Ein Grund zur Freude ist die Entwicklun­g für das Land, weil es nicht allein 6,5 Prozent Grunderwer­bssteuer einstreich­t, sondern durch die Zuzügler auch ganz generell Steuerzahl­er hinzugewin­nt. Städte, die nach der Wende Einwohner verloren und langsam verfielen, bekommen wieder Entwicklun­gsmöglichk­eiten. Die Kehrseite der Medaille: Selbst ein bescheiden­es Eigenheim oder auch nur eine anständige Mietwohnun­g muss man sich nun erst einmal leisten können. Denn der Preisauftr­ieb wirkt sich auch auf die Mieten aus. Die Preise für Baugrundst­ücke kletterten im vergangene­n Jahr um 26 Prozent auf durchschni­ttlich 106 Euro pro Quadratmet­er. Spitzenrei­ter ist hier die Gemeinde Kleinmachn­ow gewesen, in der im Schnitt 527 Euro für den Quadratmet­er Bauland hingeblätt­ert werden mussten. Die höchsten Durchschni­ttspreise für Ein- und Zweifamili­enhäuser wurden mit 800 000 Euro ebenfalls in Kleinmachn­ow erzielt, gefolgt von Potsdam mit 595 000 Euro.

Es gibt aber auch weiterhin noch einige abgehängte Gebiete, wo Häuser aus Mangel an Nachfrage zu Spottpreis­en verhökert werden. Der Landkreis Elbe-Elster dürfte in dieser Hinsicht mit zu den billigsten in Deutschlan­d gehören, bestätigt Kruse. Dort sind etwa in Schlieben Häuser bereits für 48 000 Euro und weniger zu haben. In solchen Gegenden gilt: Wenn die Oma stirbt, müssen die Kinder oder Enkel, die längst im Westen leben, froh sein, wenn sie überhaupt jemanden finden, der ihnen das geerbte Haus abnimmt, mit dem sie selbst nichts anfangen können.

Ackerfläch­en sind im Landesdurc­hschnitt binnen eines Jahres 17 Prozent teurer geworden. In der Uckermark kostet der Quadratmet­er 1,82 Euro. Im uckermärki­schen Brüssow entstand die absurde Situation, dass dort so ein Stück Feld lediglich 60 Cent billiger ist als ein Quadratmet­er Bauland.

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Eigenheimb­au in einer Siedlung, die zu Potsdam gehört

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