Krieg in Donbass
Der Krieg ist wieder zurück in Europa. Bezeichnenderweise in einem Land, dessen Name übersetzt aus dem Altslawischen »Grenzgebiet« oder auch »Militärgrenze« bedeutet: »Ukraina« – die Ukraine. Das war vor einigen Jahren so nicht zu erwarten. Denn Europa wähnte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts, nach der Osterweiterung der Europäischen Union sowie des westlichen Militärbündnisses NATO in friedlicheren Zeiten. Die Kriege auf dem Balkan und im Kaukasus in den 1990er Jahren und zur Jahrtausendwende waren ausgefochten, auch wenn heute die ethnischen und politischen Auseinandersetzungen noch nicht überall in diesen Regionen beendet sind.
Im August 2008 schockierte dann der »Blitzkrieg« zwischen Russland und Georgien die Weltöffentlichkeit. Und mit dem seit 2014 fortwährenden Krieg in der Ostukraine hat sich schließlich eine größere, noch gewalttätigere Bruchstelle am Rande Europas aufgetan. Eine Bruchstelle, die auf unabsehbare Zeit offen bleiben wird und die uns vor Augen führt, dass Friede auch auf diesem Kontinent nicht selbstverständlich ist. Über 10 000 Tote hat der Krieg im Donbass bis Ende 2017 nach offiziellen Zahlen der UNO gefordert, über 22 000 Menschen wurden verletzt. Über eine Million Menschen sind geflüchtet. Der Krieg in der Ostukraine ist die Rückkehr des Schreckens, den wir aus unseren Breitengraden verbannt geglaubt hatten ...
Der Krieg entzweit auch die Familien, denn die Frontlinie durchschneidet Lebenslinien, ja Lebenswelten. Benachbarte Dörfer oder Städte können nicht mehr erreicht werden. Benachbarte Dörfer oder Städte können nicht mehr erreicht werden. Söhne, Töchter und Eltern leben teilweise getrennt dies- und jenseits der Frontlinie, die nur am wenigen kontrollierten Übergängen und unter großen Aufwand überquert werden kann. Langwierige Kontrollen und Checkpoints an vielen Orten zermürben ... Das ohnehin schon alles andere als einfach zu bewältigende Leben der Zivilbevölkerung in der Ostukraine wird so noch zusätzlich erschwert.
Aus dem Buch von André Widmer »Ostukraine – Europas vergessener Krieg. Reportagen aus dem Donbass« (Rotpunkt, 171 S., br., 24,90 €).