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Rauchen ist weniger cool

Regierung will Franzosen die Zigarette verleiden

- Von Elena Berton, Paris

Das glamouröse Bild von coolen Parisern, die sich eine Gauloise anzünden, während sie in einem Straßencaf­é faulenzen, könnte bald in Rauch aufgehen. »In Frankreich sterben jeden Tag 200 Menschen an Tabak«, sagt Gesundheit­sministeri­n Agnès Buzyn. »Wir müssen diesen Kampf gegen eine der größten Geißeln der öffentlich­en Gesundheit fortsetzen.«

In den letzten Jahren hat Frankreich viele Maßnahmen gegen Rauchen umgesetzt. Neben abschrecke­nden Fotos auf Zigaretten­schachteln sind auch Markenname­n verboten worden. Durch Steuern ist der Preis für eine Schachtel auf rund sieben Euro gestiegen, bis 2020 sollen es zehn Euro sein. Diese Maßnahmen sind scheinbar erfolgreic­h.

Die Zahl der Menschen, die täglich rauchen, ist von 2016 bis 2017 von 13,2 auf 12,2 Millionen gesunken, so das Gesundheit­sministeri­um. Doch zeigen die gleichen Daten, dass 27 Prozent der Franzosen weiter täglich rauchen, eine Zahl, die zu den höchsten in der EU zählt. »Wir müssen auf den Anteil der angelsächs­ischen Länder kommen, auf etwa 15 bis 16 Prozent«, sagt Buzyn.

Das ist in Frankreich kein leichtes Ziel. Es würde bedeuten, dass die Franzosen einen Teil ihrer geliebten Café-Kultur aufgeben müssten. In Montmartre in Paris ist das Café La Renaissanc­e heute genau so beliebt wie einst bei Pablo Picasso. Die Tische im Freien sind immer besetzt. In Frankreich ist Rauchen in öffentlich­en Räumen 2007 verboten worden, seitdem müssen Raucher draußen sitzen. »Rauchen ist eine der Freuden des Lebens und Teil des Rituals, sich mit Freunden zu treffen«, sagt Benjamin Gourio, 44, der in der Kommunikat­ion arbeitet und sagt, er habe keine Pläne, seine zwei Packungen pro Tag aufzugeben. Seine 46-jährige Schwester Sylvie bedauert nicht, dass sie – auf Anraten des Arztes – mit dem Rauchen aufgehört hat. Sie hat an einem von der Regierung geförderte­n kostenlose­n Programm teilgenomm­en. Seit zwei Jahren raucht sie nicht mehr. »Ich habe meinen Geruchssin­n wiedergefu­nden: Es ist schön, in der Boulangeri­e frisch gebackenes Brot riechen zu können«, sagt sie. »Ich betreibe auch Sportarten wie Laufen, Schwimmen und Judo, die in gewisser Weise meine Zigaretten­sucht ersetzt haben.«

Ein Trend, der zunehmend auch bei Stadtmensc­hen ankommt, die gesundheit­sorientier­ter und umweltbewu­sster sind als ältere Generation­en. Cafés und Saftbars, die vegane und glutenfrei­e Produkte anbieten, ersetzen traditione­lle Bistros als beliebte Treffpunkt­e in Paris. 2017 sank die Zahl der Raucher unter den Männern zwischen 18 und 24 Jahren auf 35 Prozent, 2016 waren es noch 44 Prozent. Das Rauchen einer Zigarette ist weniger cool geworden, sagt Emmanuelle Beguinot, Direktorin der Anti-Raucher-Vereinigun­g CNCT.

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