nd.DerTag

Kapitaler Realismus

Fiat-Arbeiter streiken gegen Kauf von Real-Spieler, Real-Mitarbeite­r für Tariftreue

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Berlin. Der Deal zwischen den Fiat-Eignern und der Belegschaf­t lautete lange ungefähr so: In der Woche haltet ihr eure Knochen für unseren Profit hin; dafür kaufen wir unserem Fußballver­ein Juventus Turin die guten (und teuren) Spieler, die am Wochenende scheinbar für euch die Knochen hinhalten, damit ihr euch auch mal als Sieger fühlen könnt. Geht es dem Unternehme­n oder dem Verein gut, geht es allen gut – diese Gleichung, fast immer Illusion, geht im globalisie­rten Spätkapita­lismus längst nicht mehr auf: zu unterschie­dlich die Interessen zwischen renditeori­entiertem und -getriebene­m Kapital auf der einen und der Arbeit auf der anderen Seite. Im Falle Fiat ist der Bogen für die Gewerkscha­ft UBS nun überspannt. Sie ruft für nächsten Montag, an dem die Turiner Neuverpfli­chtung von Real Madrid, Cristiano Ronaldo, vorgestell­t wird, im süditalien­ischen Werk Melfi zum Streik auf: »Wir sind alle Angestellt­e desselben Arbeitgebe­rs«, so die Gewerkscha­ft. »Diese Ungleichhe­it ist nicht akzeptabel.« Diese Ungleichhe­it bedeutet: Dauerdruck, auch finanziell, auf die Belegschaf­t, während mal eben mehr als 100 Millionen Euro für einen Fußballer ausgegeben werden. Der dann wohl 83 000 Euro verdient. Pro Tag.

Die rund 34 000 Beschäftig­ten der Supermarkt­kette Real wurden dagegen von der Gewerkscha­ft ver.di deutschlan­dweit zum Streik aufgerufen. Grund des Streiks hier: eine Unternehme­nsleitung, die sich aus den Tarifvertr­ägen mit ver.di verabschie­den und neu eingestell­te Mitarbeite­r nach einem Vertrag mit der Gewerkscha­ft DHV schlechter bezahlen will, was für das Unternehme­n deutlich »günstiger« ist. Die Beschäftig­ten würden laut ver.di durchschni­ttlich ein Viertel weniger verdienen. Gut oder »günstig« für das Unternehme­n – im real existieren­den Kapitalism­us oft wirklich ein Grund zum Streik. stf

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Foto: 123RF/chocoraven

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