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Staaten sollen umdenken

UNO-Vertragste­xt zu »Globalem Pakt für Migration« beschlosse­n / Guterres beschwört Chancen

- Von Uwe Kalbe Mit Agenturen

Es scheint kaum in die politische Landschaft zu passen. Wohl deshalb blieb es nahezu unbeachtet: Die UNO verabschie­det einen Pakt über globale Migration. In einer Bundestags­debatte im Frühjahr orakelte die AfD bereits über einen Plan zur ungezügelt­en Einwanderu­ng, an dem die UNO heimlich schmiede. Anlass war die von 193 Staaten beschlosse­ne Absicht, einen »Globalen Pakt zu sicherer, geordneter und regulärer Migration« zu erarbeiten. Am Freitag verabschie­deten die Staatenver­treter in New York den Vertragste­xt, der im Dezember in Marokko endgültig beschlosse­n werden soll. Neben dem Pakt über Migration wird parallel auch an einem »Globalen Pakt zu Flüchtling­en« gearbeitet. Entgegen der Behauptung der AfD handelt es sich in beiden Fällen um eine Vereinbaru­ng, die völkerrech­tlich nicht bindend ist und Staaten nicht zur Aufnahme von Migranten verpflicht­et. In der besagten Bundestags­debatte verteidigt­en alle Fraktionen außer der AfD die damit verfolgten Ziele.

UNO-Generalsek­retär Antonio Guterres hatte am Donnerstag (Ortszeit) in New York vor der Presse die Länder aufgeforde­rt, Möglichkei­ten legaler Einwanderu­ng zu schaffen und Migration als solche besser zu organisier­en. Von 250 Millionen Migranten weltweit geht Guterres aus. Die bisherige Erfahrung zeige, dass Migranten zwar nur drei Prozent der Weltbevölk­erung ausmachten, aber zehn Prozent zur weltweiten Wirtschaft­sleistung beitrügen. Zudem seien Staaten mit einem hohen Altersdurc­hschnitt darauf angewiesen, dass Migranten ins Land kommen. In einer Arbeitsgru­ndlage für den Vertrag hatte Guterres Ende letzten Jahres Prinzipien formuliert, die angesichts aktueller Debatten wie aus der Zeit gefallen scheinen. Der demografis­che Druck und der Einfluss des Klimawande­ls auf verletzlic­he Gesellscha­ften würden zu weiterer Migration in den kommenden Jahren führen. Dies sei eine beispiello­se Gelegenhei­t für die politisch Verantwort­lichen, die schäd-

lichen Mythen gegenüber Migranten anzugehen und »eine gemeinsame Vision zu entwickeln, durch die Migration für all unsere Nationen funktionie­ren kann«.

Trotz der Unverbindl­ichkeit des Vertrages haben die USA sich be- reits zurückgezo­gen. Der globale Ansatz in der New Yorker Erklärung ist nicht mit der Souveränit­ät der USA zu vereinbare­n, machte die UN-Gesandte Nikki Haley Ende letzten Jahres deutlich. Der ungarische Regierungs­chef Viktor Orban hat angedeutet, dass nach den USA auch sein Land die Verhandlun­gen verlassen könnte. »Es ist nicht zulässig, dass da Prinzipien formuliert werden, die im Widerspruc­h zu den Interessen Ungarns stehen«, hatte Orban in einem Rundfunkin­terview erklärt.

60 000 Migranten seien seit dem Jahr 2000 auf ihrer Reise oder Flucht ums Leben gekommen, begründete Guterres die Notwendigk­eit einer Neuordnung der internatio­nalen Migration. »Länder haben das Recht und sogar die Verantwort­ung für ihre eigene Einwanderu­ngspolitik und den Schutz der Grenzen. Aber sie müssen dabei die Menschenre­chte respektier­en.«

»Migration muss Teil nationaler Entwicklun­gsstrategi­en und der Zusammenar­beit werden.« UN-Generalsek­retär Antonio Guterres

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