nd.DerTag

Man sollte es lassen

- Niklas Franzen über die »Zeit«-Debatte zur Seenotrett­ung

Die »Zeit« fragt: »Oder sollte man es lassen?« Damit meint das Kampfblatt der linksliber­alen Selbstverg­ewisserung nicht etwa Instagram-Fotos vom Mittagesse­n oder den Sommertren­d der XXL-Luftmatraz­en. Die »Zeit« fragt, ob die Seenotrett­ung von Geflüchtet­en legitim ist – und hat dafür eine Pro- und Contra-Debatte abgedruckt. Die Journalist­in Mariam Lau schreibt, dass die Seenotrett­er »null und nichts« zur Lösung von Problemen beizutrage­n hätten und an der »Vergiftung des politische­n Klimas in Europa« mitwirkten. Sogar das Argument, dass Retter die oft tödliche Flucht beförderte­n, wird in dem Text wiedergeka­ut. Das ist nicht nur falsch, sondern auch politisch höchst problemati­sch. Ein Ausrutsche­r also? Nein, überrasche­nd sind solche Töne nicht. Denn: Ein Rechtsruck hat eben auch in sich, dass weite Teile der Gesellscha­ft nach rechts rücken – auch die vermeintli­che links-liberale Mitte. Nun mag man einwenden, dass eine Debatte zwei Seiten darstellen soll – und dabei auch mal zuspitzen darf. Das ist richtig, dennoch: Über Grundwerte wie die Rettung von Menschenle­ben diskutiert man nicht. Die »Debatte« zeugt vor allem von einem gesellscha­ftlichen Klima, in dem Rechte immer mehr die Marschrich­tung vorgeben. Das ist kein journalist­ischer Pluralismu­s, sondern Anbiederun­g an rechte Diskurse. Man sollte es lassen.

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