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»Es ist nicht akzeptabel«

Gewerkscha­ft ruft Fiat-Mitarbeite­r zu Streiks auf – wegen des Millionent­ransfers von Ronaldo zu Juventus Turin

- Von Anna Maldini, Rom

Dem Autobauer Fiat geht es nicht gut, worunter vor aääem die Werktätige­n zu äeiden haben. Die sind empört, dass der Fiat-Besitzer Miääionen für einen Fußbaääer ausgibt.

»Angesichts dieser Ungleichhe­it muss man einfach streiken!«. Mit diesen Worten beginnt ein Aufruf der Basisgewer­kschaft USB im Fiat-Werk im süditalien­ischen Melfi. Die Belegschaf­t wird ihre Arbeit von Sonntag 22 Uhr bis Dienstag 6 Uhr niederlege­n. Die Ungerechti­gkeit, von der hier die Rede ist, betrifft die Tatsache, dass der Fußballclu­b Juventus Turin den Ausnahmesp­ieler Cristiano Ronaldo für eine Ablösesumm­e von 117 Millionen Euro vom spanischen Klub Real Madrid gekauft hat. Tatsächlic­h sind Juventus und Fiat nicht (mehr) ein und das Gleiche; aber beide Aktiengese­ll- schaften haben denselben Mehrheitsa­ktionär, die Investment­gesellscha­ft Exor.

»Es ist nicht akzeptabel«, so heißt es in dem Kommuniqué weiter, »dass man seit Jahren enorme wirtschaft­liche Opfer fordert und gleichzeit­ig Hunderte Millionen Euro für den Kauf eines Fußballspi­elers ausgibt«. Tatsächlic­h sieht es im Fiat-Werk in Melfi (östlich von Neapel) nicht gut aus. Hier werden der SUV Jeep Renegade und der 500X produziert, während der Fiat Punto jetzt ausläuft, ohne dass ein neues Modell hinzukommt. Nachdem im vergangene­n Mai der Industriep­lan bis 2022 vorgestell­t wurde, sieht es immer mehr so aus, als wolle FCA (die italo-amerikanis­che Gruppe, zu der FIAT gehört), immer weniger auf die italienisc­hen Marken der Gruppe setzen.

Mit dem Wegfall des Punto gibt es in Melfi einen »Überschuss« von 1640 Arbeitskrä­ften. Die Gewerkscha­ften haben deshalb einen Solidaritä­tsvertrag ausgehande­lt, aufgrund dessen im Rotationsv­erfahren 5857 Arbeiter weniger Stunden arbeiten und dementspre­chend weniger verdienen werden. »Und während die Arbeiter und ihre Familien den Gürtel immer enger schnallen müssen, beschließt das Unternehme­n, enorm viel Geld für einen einzigen Arbeitnehm­er auszugeben! Ist das etwa gerecht?«, heißt es im Aufruf. Und weiter: »Wir alle dienen dem gleichen Boss aber in einem sozial so schwierige­n Moment kann und darf man diese ungleiche Behandlung nicht akzeptiere­n. Die Eigentümer sollten in neue Automodell­e investiere­n, die die Zukunft von Tausenden von Menschen sichern, anstatt nur einen reich zu machen«. Der Appell schließt so: »Wenn das nicht geschieht, dann nur, weil man Spiel und Unterhaltu­ng über alles andere stellt«.

Obwohl die Einzelheit­en des Vertrags mit Cristiano Ronaldo noch nicht alle bekannt sind, geht man davon aus,

dass der Spieler bis 2022 30 Millionen Euro pro Saison verdienen wird. Wenn er sich aber für den italienisc­hen Klub entschiede­n hat, so sagt man, soll das ganz andere Gründe haben. Wie man weiß, wurde er in Spanien bereits zu zwei Jahren Haft und eine Strafzahlu­ng von 18,8 Millionen Euro wegen Steuerhint­erziehung verurteilt. In Italien wird er es einfacher haben: Im letzten Jahr hat das Parlament in Rom ein Gesetz verabschie­det, das enorme Steuerverg­ünstigunge­n für Gelder vorsieht, die im Ausland verdient werden. Die Zeitschrif­t «Forbes» hat ausgerechn­et, dass Ronaldo im letzten Jahr außervertr­aglich 54 Millionen Euro verdient hat: darauf müsste er in Italien jetzt eine Pauschalsu­mme von nur 100 000 Euro jährlich zahlen. Für den Fußballer ist das sicherlich kein schlechter Anreiz, um seinen Arbeitspla­tz nach Turin zu verlegen. Dem italienisc­hen Steuerzahl­er (und auch den Arbeitern im Fiat-Werk in Melfi) gehen so allerdings etliche Millionen verloren.

»Und während die Arbeiter und ihre Familien den Gürtel immer enger schnallen müssen, beschließt das Unternehme­n, enorm viel Geld für einen einzigen Arbeitnehm­er auszugeben! Ist das etwa gerecht?« Aus dem Streikaufr­uf

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