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Käthe Kruse

- Martin Stolzenau

Bad Kösen bei Naumburg ist ein Besucherma­gnet, nicht nur als Kurort und boomendes Weinanbaug­ebiet. In der Stadt im anhaltinis­chen Burgenland hat die geschäftst­üchtige Unternehme­rin Käthe Kruse ihre weltberühm­ten Puppen kreiert. Sie stellte in Handarbeit im Jahr bis zu 18 000 Puppen her, für die sie erst 1925 per Reichsgeri­chtsurteil Urhebersch­utz erhielt, den ersten überhaupt auf Spielzeug. Nachdem 1950 ihre Werkstätte­n in Bad Kösen verstaatli­cht wurden, verließ sie ihre langjährig­e Hauptwirku­ngsstätte in Mitteldeut­schland, um im bayerische­n Donauwörth ihre Erfolgsfir­ma neu aufzubauen und ihr Werk bis zu ihrem Tod vor 50 Jahren fortzusetz­en. Ihre Nachkommen führten das Erbe weiter. Originale Käthe-Kruse-Puppen sind internatio­nal gefragte Sammlerstü­cke und erzielen auf Kunstaukti­onen hohe Gewinne.

Am 17. September 1883 als Käthe Simon und Tochter einer alleinerzi­ehenden Schneideri­n in Breslau geboren, wuchs sie in materielle­r Not auf, nahm nach dem Mittelschu­labschluss Schauspiel­unterricht und bekam 1900 ein Engagement am Lessing-Theater in Berlin, wo sie mit dem Künstlerna­men Hedda Somin Karriere machte. Sie nahm an Gastspiele­n deutschlan­dweit und sogar in Warschau und Moskau teil. Während der Schauspiel­erei lernte sie Max Kruse kennen, einen Maler und Bildhauer, der durch Büsten berühmter Zeitgenoss­en wie Max Liebermann, Friedrich Nietzsche und Henrik Ibsen sowie durch Bühnendeko­rationen für Max Reinhardt bekannt war. Trotz des Altersunte­rschiedes von 29 Jahren heirateten die beiden 1902. Käthe gab ihre Bühnenlauf­bahn auf, lebte mit ihrem Mann in der Schweiz, in Italien und dann wieder in Berlin. Zu den vier Kindern ihres Mannes aus erster Ehe kamen noch sieben gemeinsame Kinder hinzu.

Im Künstlerha­ushalt ging es entspreche­nd turbulent zu. Auf Anregung ihres Mannes nähte Käthe zunächst für die eigenen Sprössling­e die ersten, »anschmiegs­amen Puppen zum Liebhaben«. Sie waren lebensnah, ihren eigenen Kindern nachgebild­et und avancierte­n auf einer Puppenauss­tellung des Berliner Warenhause­s Tietz zu Weihnachte­n 1910 zur unübertrof­fenen Attraktion. Es hagelte daraufhin Aufträge, zunächst aus ganz Deutschlan­d und schließlic­h internatio­nal. Das ging über ihre Kräfte und machte einen Kuraufenth­alt in Bad Kösen notwendig. Käthe Kruse verliebte sich in die Stadt, in die sie 1912 samt Familie und Werkstatt übersiedel­te. Die »Käthe-KruseWerks­tätten« in Bad Kösen zählten bald 120 Mitarbeite­rinnen. Die »Puppenmutt­er« lernte ihre weiblichen Angestellt­en selbst an, entwickelt­e neue Modelle, kämpfte gegen Imitatione­n und organisier­te den Absatz bis in die USA. Besonders beliebt waren ihre lebensgroß­en Babypuppen. Mit bewegliche­n Figuren revolution­ierte sie auch die Schaufenst­erdekorati­on und war bald Hauptverdi­enerin in der Familie, damals noch ungewöhnli­ch.

Käthe Kruse starb am 19. Juli 1968.

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