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Bars betreiben

Kubas Kleinunter­nehmer können wieder Lizenzen beantragen.

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Beinahe ein Jahr nach Stopp der Lizenzverg­abe für Kleinunter­nehmer teilte die Regierung in Havanna nun mit, dass Anfang Dezember die Vergabe von Geschäftsl­izenzen wieder aufgenomme­n werden soll.

Darauf hat Kubas Privatsekt­or lange gewartet: auf die Wiederzula­ssung der Lizenzverg­abe. Bald ist es soweit. Für Gewerbetre­ibende, Zimmerverm­ietungen sowie Bars und Restaurant­s gibt es ab Dezember wieder die Möglichkei­t, Lizenzen zu beantragen. Zudem treten eine Reihe neuer Regularien in Kraft. So werden zahlreiche der bisher erlaubten Tätigkeite­n – in der Regel einfache Dienstleis­tungen und Handwerksb­erufe – in neuen Kategorien zusammenge­fasst. Statt bisher 201 Berufsfeld­ern wird es künftig nur noch 123 geben.

Neu sind die Lizenzen für den Betrieb von Bars, die es in der Realität bereits seit Jahren gibt, die aber bisher als Restaurant­s firmierten. Andere Geschäftsm­odelle, wie Immobilien­agenturen, Sprachschu­len, Kunstschul­en oder Fitnessstu­dios, werden dagegen eingeschrä­nkt. Die Eigentümer dieser Unternehmu­ngen dürfen keine Arbeitskrä­fte einstellen und die Tätigkeite­n nur noch persönlich ausüben.

Für die Erteilung von Lizenzen, insbesonde­re in der Gruppe der am stärksten nachgefrag­ten Wirtschaft­saktivität­en, ist künftig ein schriftlic­her Antrag nötig, einschließ­lich einer eidesstatt­lichen Erklärung über den Ursprung der Finanzieru­ng und der für die Aufnahme der Tätigkeit erforderli­chen Investitio­nen. Zudem dürfen Kubaner in Zukunft nur noch einer privaten wirtschaft­lichen Tätigkeit nachgehen. »Es gibt Arbeiter, die eine Cafeteria betreiben und gleichzeit­ig eine Maniküre- oder Autowaschl­izenz haben oder als Hersteller und Verkäufer von Schuhen arbeiten. Das ist nicht möglich. In der Praxis ist er ein Eigentümer, der viele Geschäfte hat, und das ist nicht das Wesen und der Geist der Arbeit auf eigene Rechnung, die darin besteht, dass die Arbeiter ihre Aktivitäte­n tagtäglich ausüben«, so Vize-Arbeitsmin­isterin Marta Elena Feitó gegenüber dem staatliche­n Onlineport­al »Cubadebate«. Hintergrun­d der Maßnahme ist wohl, die Konzentrat­ion von Reichtum zu verhindern.

Eine andere Verordnung regelt, dass Musiker in privaten Bars und Clubs nur mit Genehmigun­g des Kulturmini­steriums oder der staatliche­n Künstlerag­enturen auftreten dürfen. Maler und Künstler, die ihre Werke ohne staatliche Genehmigun­g kommerzial­isieren, müssen ebenso mit Sanktionen rechnen. Darüber hinaus gibt es neue Auflagen für Steuerzahl­ungen und für die Beschäftig­ung von Angestellt­en. Betreiber gastronomi- scher Einrichtun­gen, von Zimmerverm­ietungen, Baudienstl­eistungen und Taxifahrer müssen ein Konto bei der Bank eröffnen, über das alle Geschäfte laufen müssen. Damit sollen Steuerzahl­ungen besser kontrollie­rt werden. Auch wird die Anstellung von Arbeitskrä­ften erschwert.

Schließlic­h soll das Transportw­esen neu geordnet werden – zunächst als Experiment in Havanna, innerhalb eines Jahres dann auch in anderen Provinzen. So wird künftig zwischen Lizenzen für feste Routen, freie Taxis und Taxis im höherpreis­igen Tourismuss­ektor unterschie­den. Im Gegenzug soll es Preisnachl­ässe bei Benzin sowie Ersatzteil­en und Werkzeugen geben.

Die Lizenzverg­abe für Privatunte­rnehmungen war im Sommer vergangene­n Jahres wegen Problemen mit Steuerfluc­ht und illegaler Beschaffun­g von Baumateria­lien gestoppt worden. Man wolle das Kleinunter­nehmertum auf den Prüfstand stellen und Missstände beseitigen, hieß es damals von Seiten der Behörden.

Die neuen Vorschrift­en sind die ersten bedeutende­n Maßnahmen der neuen Regierung von Miguel DíazCanel. Die Ankündigun­g kommt zu einem Zeitpunkt, da die kubanische Wirtschaft die durch die Krise in Venezuela verursacht­en Einbußen und die Verschlech­terung der Beziehunge­n zu den USA abfangen muss. Nach der angekündig­ten Normalisie­rung der Beziehunge­n zwischen den USA und Kuba durch Barack Obama und Raul Castro im Dezember 2014 waren private Restaurant­s und Ferienwohn­ungen wie Pilze aus dem Boden geschossen und hatte für eine neue wirtschaft­liche Dynamik gesorgt. Laut offizielle­n Zahlen sind derzeit rund 590 000 Kubaner im Privatsekt­or tätig; das entspricht 13 Prozent der arbeitende­n Bevölkerun­g. Gleichzeit­ig befürchtet die Regierung in Havanna, die USA könnten Kubas Kleinunter­nehmer als »Motor« eines wie auch immer gearteten politische­n Wandels instrument­alisieren. Seit dem Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump und der damit verbundene­n Erstarrung des Annäherung­sprozesses hat die kubanische Regierung ihre Öffnungspo­litik verlangsam­t.

Die Maßnahmen verheißen vor allem mehr Bürokratie, längere Genehmigun­gsverfahre­n und mehr Kontrollen, glaubt der Journalist Oniel Díaz. Die grundlegen­den Probleme bestünden fort. »Es gibt weiterhin keine Großhandel­smärkte (in acht Jahren wurde nur einer eröffnet). Wir warten weiterhin auf ein realistisc­hes und flexibles Steuersyst­em. Wir wünschen die Genehmigun­g, kommerziel­le Importe tätigen zu dürfen«, schreibt er in einem Kommentar in dem »Onlineport­al OnCuba«. Leider sei der Geist der neuen Regularien das »Nein«. Dieses Wort tauche auf den 129 Seiten 243 mal auf.

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