Bars betreiben
Kubas Kleinunternehmer können wieder Lizenzen beantragen.
Beinahe ein Jahr nach Stopp der Lizenzvergabe für Kleinunternehmer teilte die Regierung in Havanna nun mit, dass Anfang Dezember die Vergabe von Geschäftslizenzen wieder aufgenommen werden soll.
Darauf hat Kubas Privatsektor lange gewartet: auf die Wiederzulassung der Lizenzvergabe. Bald ist es soweit. Für Gewerbetreibende, Zimmervermietungen sowie Bars und Restaurants gibt es ab Dezember wieder die Möglichkeit, Lizenzen zu beantragen. Zudem treten eine Reihe neuer Regularien in Kraft. So werden zahlreiche der bisher erlaubten Tätigkeiten – in der Regel einfache Dienstleistungen und Handwerksberufe – in neuen Kategorien zusammengefasst. Statt bisher 201 Berufsfeldern wird es künftig nur noch 123 geben.
Neu sind die Lizenzen für den Betrieb von Bars, die es in der Realität bereits seit Jahren gibt, die aber bisher als Restaurants firmierten. Andere Geschäftsmodelle, wie Immobilienagenturen, Sprachschulen, Kunstschulen oder Fitnessstudios, werden dagegen eingeschränkt. Die Eigentümer dieser Unternehmungen dürfen keine Arbeitskräfte einstellen und die Tätigkeiten nur noch persönlich ausüben.
Für die Erteilung von Lizenzen, insbesondere in der Gruppe der am stärksten nachgefragten Wirtschaftsaktivitäten, ist künftig ein schriftlicher Antrag nötig, einschließlich einer eidesstattlichen Erklärung über den Ursprung der Finanzierung und der für die Aufnahme der Tätigkeit erforderlichen Investitionen. Zudem dürfen Kubaner in Zukunft nur noch einer privaten wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. »Es gibt Arbeiter, die eine Cafeteria betreiben und gleichzeitig eine Maniküre- oder Autowaschlizenz haben oder als Hersteller und Verkäufer von Schuhen arbeiten. Das ist nicht möglich. In der Praxis ist er ein Eigentümer, der viele Geschäfte hat, und das ist nicht das Wesen und der Geist der Arbeit auf eigene Rechnung, die darin besteht, dass die Arbeiter ihre Aktivitäten tagtäglich ausüben«, so Vize-Arbeitsministerin Marta Elena Feitó gegenüber dem staatlichen Onlineportal »Cubadebate«. Hintergrund der Maßnahme ist wohl, die Konzentration von Reichtum zu verhindern.
Eine andere Verordnung regelt, dass Musiker in privaten Bars und Clubs nur mit Genehmigung des Kulturministeriums oder der staatlichen Künstleragenturen auftreten dürfen. Maler und Künstler, die ihre Werke ohne staatliche Genehmigung kommerzialisieren, müssen ebenso mit Sanktionen rechnen. Darüber hinaus gibt es neue Auflagen für Steuerzahlungen und für die Beschäftigung von Angestellten. Betreiber gastronomi- scher Einrichtungen, von Zimmervermietungen, Baudienstleistungen und Taxifahrer müssen ein Konto bei der Bank eröffnen, über das alle Geschäfte laufen müssen. Damit sollen Steuerzahlungen besser kontrolliert werden. Auch wird die Anstellung von Arbeitskräften erschwert.
Schließlich soll das Transportwesen neu geordnet werden – zunächst als Experiment in Havanna, innerhalb eines Jahres dann auch in anderen Provinzen. So wird künftig zwischen Lizenzen für feste Routen, freie Taxis und Taxis im höherpreisigen Tourismussektor unterschieden. Im Gegenzug soll es Preisnachlässe bei Benzin sowie Ersatzteilen und Werkzeugen geben.
Die Lizenzvergabe für Privatunternehmungen war im Sommer vergangenen Jahres wegen Problemen mit Steuerflucht und illegaler Beschaffung von Baumaterialien gestoppt worden. Man wolle das Kleinunternehmertum auf den Prüfstand stellen und Missstände beseitigen, hieß es damals von Seiten der Behörden.
Die neuen Vorschriften sind die ersten bedeutenden Maßnahmen der neuen Regierung von Miguel DíazCanel. Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt, da die kubanische Wirtschaft die durch die Krise in Venezuela verursachten Einbußen und die Verschlechterung der Beziehungen zu den USA abfangen muss. Nach der angekündigten Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba durch Barack Obama und Raul Castro im Dezember 2014 waren private Restaurants und Ferienwohnungen wie Pilze aus dem Boden geschossen und hatte für eine neue wirtschaftliche Dynamik gesorgt. Laut offiziellen Zahlen sind derzeit rund 590 000 Kubaner im Privatsektor tätig; das entspricht 13 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Gleichzeitig befürchtet die Regierung in Havanna, die USA könnten Kubas Kleinunternehmer als »Motor« eines wie auch immer gearteten politischen Wandels instrumentalisieren. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump und der damit verbundenen Erstarrung des Annäherungsprozesses hat die kubanische Regierung ihre Öffnungspolitik verlangsamt.
Die Maßnahmen verheißen vor allem mehr Bürokratie, längere Genehmigungsverfahren und mehr Kontrollen, glaubt der Journalist Oniel Díaz. Die grundlegenden Probleme bestünden fort. »Es gibt weiterhin keine Großhandelsmärkte (in acht Jahren wurde nur einer eröffnet). Wir warten weiterhin auf ein realistisches und flexibles Steuersystem. Wir wünschen die Genehmigung, kommerzielle Importe tätigen zu dürfen«, schreibt er in einem Kommentar in dem »Onlineportal OnCuba«. Leider sei der Geist der neuen Regularien das »Nein«. Dieses Wort tauche auf den 129 Seiten 243 mal auf.