Jedes Klischee bedient
Zu »Das arme Kind«, 14.7., S. 2; online: dasND.de/1094234
In diesem Artikel ist nahezu jedes Klischee bedient, das man zu Hochbegabung haben kann: das unterdrückte Kind, die arbeitenden Eltern, die es zur Oma abschieben, die es aber gleichzeitig zu Höchstleistungen antreiben. Eigentlich dachte ich, wir gestehen auch Hochbegabten zu, dass sie sich so entwickeln können, wie es ihren Ansprüchen entspricht.
Kann der Autor sich nicht vorstellen, dass ein Kind einen so unbändigen Wissensdrang hat, dass es mit drei Jahren lesen lernen will, um sich selbst mit Büchern zu beschäftigen? Dass es mit sieben Jahren nicht mehr zur Schule gehen will, weil es dort sowieso nichts lernt, und lieber zu Hause bleiben und selbst lernen möchte?
»Seine Eltern fördern ihn, und das ist wohl das Schlimmste, was man einem Kind wie ihm antun kann.« Welche Ironie steckt in diesem Satz. Warum gestehen wir Kindern mit einer Lernbehinderung ohne jegliche Zweifel eine Förderung zu, versagen es aber Kindern am anderen Ende der Skala, eben jenen Hochbegabten, dass sie gefördert werden? Auch diese Kinder weichen von der Norm ab, auch diese Kinder passen nicht in das hiesige Bildungssystem.
Eltern verweigern nicht die Erziehungsverantwortung, wenn sie das Beste für ihr Kind wollen: Das kann die Oma sein, die auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht, das kann auch ein Hochbegabtenzweig einer Internatsschule sein. Wichtig ist letztlich, dass das Kind es möchte und artikuliert, was es braucht.
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