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Freundlich­e Töne in der Asylpoliti­k

Bundesinne­nminister Horst Seehofer gerät in der CSU unter Druck / Politiker gründen »Union der Mitte«

- Von Aert van Riel

In der Union setzt sich der Streit um die Flüchtling­spolitik fort. Eine neue Mitglieder­initiative von CDU und CSU macht sich Sorgen, dass ihre Parteien künftig als Kopie der AfD wahrgenomm­en werden.

Horst Seehofer hat in seiner politische­n Karriere schon viele Ämter bekleidet. Seine Zeit als Bundesinne­nminister sollte der Schlusspun­kt für den mittlerwei­le 69-Jährigen sein. Der CSU-Chef will eine politische Landschaft hinterlass­en, in der Abschiebun­gen in Kriegs- und Krisengebi­ete sowie eine Polizei mit großer Machtfülle für viele Bürger als Nor- malität gelten. Doch inzwischen drängt sich die Frage auf, ob Seehofer diese Legislatur­periode überhaupt überstehen wird.

Denn sogar in den eigenen Reihen formiert sich der Widerstand gegen ihn. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber sagte nun dem »Spiegel«, dass das Agieren des Ministers in Berlin mittlerwei­le viele verwundere und befremde. »Im Landtag ist bei der CSU die anfänglich volle inhaltlich­e Zustimmung zu Seehofers Asylpoliti­k einem Ratespiel gewichen«, so Huber. Damit bezieht er sich offenbar auf den Asylstreit zwischen Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel über die Zurückweis­ung von Geflüchtet­en an der deutschen Grenze.

Sorgen bereitet vielen CSU-Politikern vor allem die Landtagswa­hl am 14. Oktober, bei der die Konservati­ven nach jetzigem Stand ihre absolute Mehrheit verlieren würden und einen Koalitions­partner bräuchten, um weiter regieren zu können.

Nach Angaben von Huber vermuten manche CSU-Politiker, dass Seehofer die Landtagswa­hl und damit den amtierende­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder belasten wolle oder das billigend in Kauf nehme. Das Verhältnis zwischen Seehofer und Söder war in den vergangene­n Jahren schwierig. Die beiden können sich nicht leiden. Dabei geht es aber eher um interne Machtfrage­n als um inhaltlich­e Differenze­n.

Zudem berichtete der »Spiegel« von einer neuen Mitglieder­initiative der CDU und CSU. Diese nennt sich »Union der Mitte« und hat in den vergangene­n drei Wochen rund 1200 Unterstütz­er gewonnen. »Flüchtling­e sind keine Sündenböck­e für Entwicklun­gen, die in unserer Gesellscha­ft schieflauf­en«, sagte Stephan Bloch, Gründer der »Union der Mitte«, dem Magazin. Auch örtliche Mandatsträ­ger solidarisi­eren sich mit der »Union der Mitte«. In einem Brandbrief schrieb demnach der Bürgermeis­ter der oberbayeri­schen Gemeinde Hebertshau­sen, Richard Reischl (CSU), seine Partei behandele »manche Menschen wie Dreck«, um Stimmen am rechten Rand zu fischen.

Die »Union der Mitte« macht sich Sorgen, dass die Bürger ihre Parteien als Kopie der AfD wahrnehmen. Mit dabei ist auch Schleswig-Holsteins Wissenscha­ftsministe­rin Karin Prien. Der »Focus« berichtete, dass aus ihrer Sicht »zynische und menschenfe­indliche Töne gegenüber Flüchtling­en nicht zu den C-Parteien passen«.

Allerdings weist vieles darauf hin, dass die Unionspoli­tiker, die sich der politische­n Mitte zuordnen, nur eine andere Rhetorik in der Flüchtling­spolitik anstreben. Die Union hatte in den vergangene­n Jahren geschlosse­n die Asylrechts­verschärfu­ngen im Bundestag unterstütz­t. Auch Landespoli­tiker von CDU und CSU hatten sich nicht dagegen gewehrt.

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