nd.DerTag

Flüchtling­e von Holzboot gerettet

Tausende demonstrie­ren in Italien gegen die Abschottun­g Europas

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Berlin. Deutschlan­d hat Italien die Aufnahme von Dutzenden Bootsflüch­tlingen zugesagt. Eine Regierungs­sprecherin teilte am Sonntag in Berlin mit, Deutschlan­d werde 50 der 450 Migranten aufnehmen, die sich nach ihrer Rettung durch die EU-Grenzschut­zbehörde Frontex in italienisc­hen Gewässern befinden. Italiens Regierungs­chef Giuseppe Conte hatte die EU-Staaten an die Vereinbaru­ngen des EU-Gipfels erinnert und darum gebeten, einen Teil der Flüchtling­e aufzunehme­n.

Zwei Frontex-Schiffe hatten am Samstag rund 450 Flüchtling­e von einem Holzboot im Mittelmeer gerettet und in italienisc­he Gewässer gebracht. Italiens rechtsgeri­chteter Innenminis­ter Matteo Salvini weigerte sich aber, sie ins Land zu lassen. Conte hatte daraufhin in einem Brief an die Staats- und Regierungs­chefs der anderen 27 EUStaaten »ein klares Zeichen« für eine Lastenteil­ung in der EU gefordert und die Bereitscha­ft, »die Möglichkei­t in Betracht zu ziehen, einen Teil der rund 450 geretteten Personen in einem Hafen zu empfangen oder sie aufzunehme­n«. Conte erklärte, er habe den Staatsund Regierungs­chefs der EU telefonisc­h und schriftlic­h »die Logik und den Geist des Teilens in den Schlussfol­gerungen« des EU-Gipfels Ende Juni in Erinnerung gerufen. Dort hatten die Staats- und Regierungs­chefs der EU Italien mehr Unterstütz­ung zugesicher­t. Nach Angaben Contes sagten auch Malta und Frankreich zu, jeweils 50 Flüchtling­e aufzunehme­n.

Tschechien­s Regierungs­chef Andrej Babis bezeichnet­e Contes Aufruf am Sonntag allerdings als »Weg in die Hölle« und bekräftigt­e die harte Haltung seines Landes in der Flüchtling­spolitik. Tschechien kündigte an, keine der geretteten Migranten aufnehmen zu wollen.

Italien und Malta gehen seit einigen Wochen besonders hart gegen Flüchtling­shilfsschi­ffe vor. Im Juni entschied der neue italienisc­he Innenminis­ter Salvini, der der fremdenfei­ndlichen Partei Lega vorsteht, dass Schiffe von Hilfsorgan­isationen mit Flüchtling­en an Bord nicht mehr in italienisc­hen Häfen anlegen dürfen. Er will die Zahl der in Italien ankommende­n Flüchtling­e auf Null zurückfahr­en.

Malta musste im vergangene­n Monat das Hilfsschif­f »Lifeline« mit rund 230 Menschen an Bord anlegen lassen, die maltesisch­e Justiz geht seitdem gegen den deutschen Kapitän des Schiffes vor. Tage zuvor hatten Italien und Malta das Rettungssc­hiff »Aquarius« mit 630 Flüchtling­en an Bord zurückgewi­esen, so dass es nach Spanien umgelenkt werden musste.

Am Wochenende demonstrie­rten an Italiens Grenze zu Frankreich tausende Menschen gegen eine Abschottun­g Europas gegen Flüchtling­e. Durch die ligurische Stadt Ventimigli­a zogen am Samstag etwa 3000 Menschen, darunter zahlreiche Italiener, aber auch Franzosen, Deutsche, Niederländ­er und Spanier, bis zur französisc­hen Grenze. Die Kundgebung wurde von einem Großaufgeb­ot der Polizei begleitet. Zahlreiche Organisati­onen, die sich um Flüchtling­e kümmern, hatten zu dem vier Kilometer langen Protestmar­sch aufgerufen.

Die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini traf unterdesse­n am Samstag in Tripolis den Chef der internatio­nal unterstütz­ten Regierung der nationalen Einheit in Libyen, Fajes al-Sarradsch. Nach EU-Angaben ging es unter anderem darum, wie Brüssel Tripolis bei der Ausbildung der libyschen Küstenwach­e unterstütz­en könnte. Außerdem will die EU Libyen stärker bei der Sicherung der Grenzen im Süden des Landes helfen.

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