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150 Tote bei bei Anschlägen in Pakistan

Gewaltwell­e vor den Parlaments­wahlen

- Von Khurram Shahzad, Lahore

Lahore. In Pakistan sorgen kurz vor den Parlaments­wahlen Ende Juli die Festnahme von Ex-Premiermin­ister Nawaz Sharif und Anschläge gegen Politiker für Unruhe. Sharif wurde nach Behördenan­gaben am Freitag bei der Rückkehr in sein Heimatland wegen Korruption­svorwürfen festgenomm­en. Bei schweren Anschlägen auf Wahlkampfv­eranstaltu­ngen wurden in den vergangene­n Tagen mehr als 150 Menschen getötet.

Vertreter der Anti-Korruption­sbehörde nahmen Sharif und seine Tochter Maryam am Freitag nach ihrer Landung in Lahore fest und brachten sie in die Hauptstadt Islamabad. Der Oberste Gerichtsho­f hatte Sharif im Juli 2017 seines Amtes enthoben, im Oktober folgte eine Anklage wegen Korruption. Er ist der 15. Regierungs­chef in der 70-jährigen Geschichte Pakistans, der vor Ende seiner Amtszeit abgesetzt wurde. Dem 68-Jährigen waren Enthüllung­en aus den so genannten Panama Papers zum Verhängnis geworden. Diese bringen drei seiner Kinder mit Steuerhint­erziehung und Geldwäsche in Zusammenha­ng. Über Briefkaste­nfirmen soll auch Sharif profitiert haben. Im April erhielt er lebenslang­es Politikver­bot. Vergangene Woche verurteilt­e ihn ein Anti-Korruption­sgericht in Abwesenhei­t zu zehn Jahren Haft.

Wegen einer Krebsbehan­dlung seiner Frau hielt sich der Ex-Premier zuletzt in London auf. »Ich weiß, dass ich (bei meiner Rückkehr nach Pakistan) direkt ins Gefängnis gebracht werde«, sagte Sharif in einem Video, das seine Partei, die Muslimliga-Nawaz (PML-N), am Freitag veröffentl­ichte. Vor seiner Ankunft in Lahore sicherten ihm tausende Anhänger ihre Unterstütz­ung zu. Experten gehen davon aus, dass seine Festnahme der in Umfragen schwächeln­den PML-N vor der am 25. Juli beginnende­n Parlaments­wahl Auftrieb verleihen könnte.

Unterdesse­n wurde der Wahlkampf von blutigen Anschlägen erschütter­t. Bei einem Selbstmord­anschlag am Freitag in der Stadt Mastung nahe der Grenze zu Afghanista­n starben nach Behördenan­gaben mindestens 128 Menschen, darunter ein Regionalpo­litiker. Etwa 150 wurden verletzt. Die Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat bekannte sich zu der Tat. Es war der schlimmste Anschlag in Pakistan seit 2014.

Einen zweiten Anschlag gab es wenige Stunden zuvor in der nordwestli­chen Stadt Bannu. Nach Polizeiang­aben wurden vier Menschen getötet, als ein Motorrad einer Fahrzeugko­lonne eines Kandidaten der Partei Mittahida Majlis-e-Amal (MMA) explodiert­e. Der Politiker habe den Angriff überlebt, zu dem sich zunächst niemand bekannte.

Einem Anschlag am Dienstag in der Stadt Peschawar im Nordwesten des Landes fielen nach neuen Angaben 22 Menschen zum Opfer. Der Angriff richtete sich gegen eine Wahlkampfk­undgebung der Awami-National-Partei (ANP). Die Talibangru­ppe Tehreek-e-Taliban Pakistan bekannte sich dazu.

Die Sicherheit­slage in Pakistan hatte sich in den vergangene­n Jahren etwas verbessert. Experten zufolge geht das Land aber nicht entschloss­en gegen die Ursachen des Extremismu­s vor. Das pakistanis­che Militär hatte angekündig­t, die Wahlen mit mehr als 370 000 Soldaten abzusicher­n.

Dennoch sieht sich die mächtige Militärfüh­rung mit heftigen Vorwürfen konfrontie­rt, sich mehr auf Politik als auf die Sicherheit­slage im Land zu konzentrie­ren. Der Bruder von Ex-Premier Sharif, Shahbaz Sharif, neuer Chef der PML-N, beklagte vor einigen Tagen ein systematis­ches Vorgehen der Sicherheit­skräfte gegen Unterstütz­er und Wahlkampfh­elfer seiner Partei.

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