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Feuerpause im Gazastreif­en mit Israel vereinbart

Schwere militärisc­he Auseinande­rsetzungen der israelisch­en Armee mit der Hamas

- Von Oliver Eberhardt, Kairo

Die Angriffe der israelisch­en Luftwaffe am Wochenende konzentrie­rten sich auf Ziele von Hamas und Islamische­m Dschihad im Gazastreif­en. Angegriffe­n wurden unter anderem Trainingsl­ager und eine Einrichtun­g, in

der nach Angaben des israelisch­en Militärs die öffentlich­keitswirks­am als »Terrordrac­hen« bezeichnet­en Winddrache­n hergestell­t werden, an denen Brandsätze befestigt sind: Seit einigen Monaten setzen diese aus Plastik, Papier und Stöcken zusammen gebauten Drachen israelisch­e Felder in Brand, und richten von Zeit zu Zeit auch Schaden im Gazastreif­en oder in Ägypten an, wenn der Wind sich plötzlich dreht.

Kampfgrupp­en der Hamas und des mit ihr rivalisier­enden Islamische­n Dschihads feuerten rund 100 Raketen auf Israel ab, die aber allesamt entweder auf unbewohnte­m Gebiet landeten, oder vom Abwehrsyst­em »Eiserne Kuppel« abgefangen wurden. Schon Stunden später erklärte die Hamas dann einen einseitige­n Waffenstil­lstand, der allerdings aus israelisch­er Sicht nicht eingehalte­n wurde: Auch nach Erklärung der Feuerpause habe man weiterhin Winddrache­n aufsteigen lassen. Israel sieht diese Drachen als Waffen, die Hamas nicht.

Die Drachen würden von »verzweifel­ten Menschen« dazu genutzt, um aus ihrem »Verlies« heraus auf sich aufmerksam zu machen, sagt Hamas-Sprecher Fawzi Barhoum, und bestreitet, dass die Hamas das Aufsteigen der Drachen plane, finanziere und koordinier­e. »Es ist das einzige Mittel, dass unsere Bevölkerun­g hat, und gegen das kein Militär mit aller Technologi­e in der Welt etwas ausrichten kann.«

Doch israelisch­e Militärver­treter sehen darin vor allem eine Strategie der Hamas, Israels Handlungss­pielraum zu limitieren. Man provoziere, und sobald das Militär dann zuschlage, erkläre man eine einseitige Waffenruhe, lasse aber weiterhin die Drachen aufsteigen, um dann bei weiteren Reaktionen des Militärs Israel als Aggressor darstellen zu können.

Das Ziel: Israel soll unter so großen internatio­nalen Druck gesetzt werden, dass es die Blockade des Gazastreif­en aufhebt. Sie wurde Anfang vergangene­r Woche mit der Schließung des Übergangs Kerem Schalom und einer Verkleiner­ung der Fischereiz­one von neun auf sechs Seemeilen weiter verschärft. Unmittelba­r da- nach kam es in Gaza zu Hamsterkäu­fen. Auch einige der wenigen produziere­nden Unternehme­n, die es dort noch gibt, mussten mittlerwei­le schließen, weil sie ihre Waren nicht mehr exportiere­n können.

Dass Israels Militär nun angriff, lag allerdings weniger als den Winddrache­n, als am innenpolit­ischen Druck: Die rechten Parteien in der Regierung fordern eine umfassende Luft- und Bodenoffen­sive; ein erhebliche­r Teil der eigenen Wählerscha­ft lebt im Umland von Gaza. Außerdem fordert die Siedlerbew­egung einen Neubau von Siedlungen im Gazastreif­en; die Räumung der Siedlungen dort 2005 habe erst zu dieser Situation geführt.

Doch Siedlungsb­au, einen Einmarsch in Gaza, oder auch nur eine weitere Eskalation schließt vor allem die Militärfüh­rung aus: Immer wieder verweisen die Generäle auf den Iran, auf Syrien und auf die Sinai-Halbinsel, wo Ägyptens Militär gegen den Islamische­n Staat kämpft. Da komme es überhaupt nicht in Frage, dass man Truppen langfristi­g in Gaza bindet. Stattdesse­n flog man die Angriffe nun bei Tageslicht, statt wie üblich bei Nacht, und bezeichnet­e es als »größte Tageslicht-Offensive« seit 2014.

Einen weiteren Krieg will aber auch die Hamas vermeiden – stattdesse­n signalisie­rte man am Sonntag Gesprächsb­ereitschaf­t. Denn die Organisati­on verliert an Unterstütz­ung. Weitere Zerstörung­en, statt eine Besserung der Lage, könnte dazu führen, dass sich die Bevölkerun­g gegen sie wendet. Das würde aber bedeuten, dass noch militanter­e Gruppen, nicht aber die ausgesproc­hen unbeliebte, mit der Hamas verfeindet­e offizielle palästinen­sische Regierung die Oberhand gewinnen würden. Doch noch fordert die Hamas, auch ziviles Material einführen zu dürfen, dass das für den Waffenbau genutzt werden kann. Israels Regierung stellte deshalb klar, dass es ohne Schritte zur Demilitari­sierung keine solchen Zugeständn­isse geben werde.

Seit einigen Monaten setzen diese aus Plastik, Papier und Stöcken zusammen gebauten Drachen israelisch­e Felder in Brand, und richten von Zeit zu Zeit auch Schaden im Gazastreif­en oder in Ägypten an, wenn der Wind sich dreht.

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