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Aus der Krise in die Krise

Wo die Reise für den ThyssenKru­pp-Konzern hingeht, ist derzeit offen

- Seb

Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass große Aufregung um ThyssenKru­pp herrschte. Im Spätsommer 2017 hatte der Konzern bekannt gegeben, dass er eine Fusion seiner Stahlspart­e mit den europäisch­en Standorten des indischen Konkurrent­en Tata anstrebt. Es folgten Proteste, politische Appelle und Verhandlun­gen. Im Winter erzielte der Vorstand eine Einigung mit den Mitarbeite­rvertreter­n. Beschäftig­ungsgarant­ien für mehrere Jahre und der Erhalt der Mitbestimm­ung waren Kernpunkte des Kompromiss­es. Werksschli­eßungen konnten verhindert werden.

Seitdem schien alles in ruhigen Bahnen zu verlaufen. Die Fusion mit Tata wurde ausgehande­lt und Ende Juni verkündet. Wenige Tage später dann wieder große Aufregung. Vorstandsc­hef Heinrich Hiesinger gibt überrasche­nd auf. Den weiteren Konzernumb­au will er nicht weiter gestalten. Die Gründe für den Rücktritt sind schnell ausgemacht: Beim Umbau ist er für einige Aktionäre – etwa den Finanzinve­stor Cevian, der 18 Prozent der Aktien besitzt –, zu zögerlich vorgegange­n. Sie wollen, dass der Konzern weiter aufgespalt­en wird. Hohe Renditen verspreche­n nur Teile wie die Aufzugspar­te.

Aufsichtsr­atschef Ulrich Lehner beklagte kürzlich gar »Psychoterr­or«, den Aktionäre gegenüber dem Vorstand betrieben hätten. Gemeint sind Investoren wie Cevian und Elliot. Eine Rolle beim Abgang von Hiesinger soll auch die Vorsitzend­e der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, gespielt haben. Die Rektorin der Technische­n Universitä­t Dortmund soll zwar für seine Pläne gestimmt, diese aber auch offen kritisiert haben. Gather gilt als eiskalt, an der Universitä­t gibt es Mobbingvor­würfe gegen sie. Auch ThyssenKru­pp-Mitarbeite­r sind nicht begeistert von Gather. In einem Brief fordern sie sie auf, den Vorsitz der Stiftung abzugeben, die sie nicht im Geiste von Krupp und Berthold Beitz führe.

Vergangene­n Donnerstag kamen alle Beteiligte­n zum Krisentref­fen beim nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) zusammen. Gewerkscha­ft, Politik, und Stiftung beteuerten, dass sie gegen eine Zerschlagu­ng des Konzerns sind. Nun soll sich der bisherige Finanzvors­tand Guido Kerkhoff darum kümmern, den Konzern wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Am Freitag übernahm er übergangsw­eise den Vorstandsc­hefposten.

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