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Weichspüle­n und Aussitzen

Wie sich Hessens CDU auf die Landtagswa­hl einstellt

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Wenn in der kommenden Woche der Hessische Landtag zu seiner dreitägige­n Plenarsitz­ung zusammenko­mmt, dann dürften die Debatten auch im Zeichen der nahenden Landtagswa­hl am 28. Oktober stehen und von Wahlkampfa­gitation geprägt sein. Noch liegt der Termin im Schatten des Urnengangs im benachbart­en Bayern am 14. Oktober, der angesichts des Schwächeln­s von CSU und SPD deutlich mehr bundespoli­tisches Interesse weckt als frühere Wahlen. Doch auch vom derzeit schwarz-grün regierten Hessen, wo es immer wieder knappe Wahlausgän­ge gab, werden im Herbst Signale für den Bund ausgehen. Jedenfalls verspricht der Wahlkampf auf der Zielgerade­n spannend zu werden.

Der seit 2010 in der Staatskanz­lei regierende CDU-Ministerpr­äsident Volker Bouffier will es mit seinen 66 Jahren noch einmal wissen und kämpft um ein Mandat für weitere fünf Jahre. Während er sich in früheren Jahren gern als Hardliner und Law-and-

Die Umfragen derzeit sprechen dafür, dass künftig sechs Fraktionen in Hessens Landtag sitzen.

Order-Politiker gab, präsentier­t er sich auf seine alten Tage als gütiger, ausgleiche­nder Landesvate­r. Dass ihm die Opposition Mitwirkung am Vertuschen des Versagens der Sicherheit­sorgane im Zusammenha­ng mit dem NSU-Terror anlastet, möchte er ebenso aussitzen wie andere Skandale und Kritikpunk­te.

Da ist zum Beispiel die zunehmende Wohnungsno­t in Hessens Großstädte­n oder die negativen Auswirkung­en der Privatisie­rung des Unikliniku­ms Gießen-Marburg. Zum Auftakt des neuen Schuljahrs suchte Bouffier medienwirk­sam die Nähe zu Grundschül­ern und machte einen Abstecher zum heimischen Fußballclu­b FC Gießen. Beim jüngsten hochsommer­lichen Streit über die Flüchtling­spolitik zwischen CSUChef Horst Seehofer und CDUChefin Angela Merkel stellte sich Bouffier, der auch CDU-Vizechef ist, zumindest nach außen hin voll auf Merkels Seite. Der Streit habe weder der CDU noch der CSU etwas gebracht und nütze allenfalls der AfD, gab er zu bedenken.

Die Koalition mit den Grünen, denen er »absolute Verlässlic­hkeit« bescheinig­t, möchte der CDU-Mann gern fortsetzen – auch als Vorbild für den Bund. Doch falls sich die Umfragewer­te verfestige­n, reichen die schlappen 31 Prozent für die CDU und die prognostiz­ierten 14 Prozent für die einstige Öko- und Protestpar­tei in der Summe für eine Regierungs­bildung nicht aus.

Die Umfragen sprechen dafür, dass künftig sechs Fraktionen im Wiesbadene­r Landtag sitzen könnten. Die LINKE wird nach zehn Jahren Landtagspr­äsenz stabil zwischen sieben und acht Prozent eingeschät­zt. Die Rechtspart­ei AfD, in der viele ehemalige hessische CDU-Mitglieder etwas geworden sind, macht sich Hoffnung auf ein zweistelli­ges Ergebnis. Die einzige Zweierkons­tellation mit einer absoluten Mehrheit wäre eine nicht mehr ganz so große Koalition von Bouffiers Union mit der SPD, der die Demoskopen magere 22 Prozent zutrauen. Bouffier dürfte bei einem solchen Szenario eher geneigt sein, die FDP mit ins Boot zu holen. Auch wenn die Liberalen vor der Wahl demonstrat­iv bestreiten, natürliche­r Partner der CDU zu sein, könnte für sie die Welt am 29. Oktober ganz anders aussehen.

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