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Ein 43-Punkte-Plan soll’s richten

Sachsens CDU/SPD-Regierung präsentier­t Strategiep­apier für den ländlichen Raum

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Die CDU/SPD-Regierung in Sachsen hat will den ländlichen Raum stärken, nicht zuletzt mit Blick auf die Landtagswa­hlen 2019 und die AfD. Ein neues Strategiep­apier umreißt, wie das geschehen soll.

Limbach-Oberfrohna. Zu wenig sichtbare Polizei, schlechte Versorgung mit schnellem Internet, Lücken im öffentlich­en Nahverkehr oder Ärztemange­l: Angesichts der Probleme im ländlichen Raum hat Sachsens CDU/SPDRegieru­ng nun ein Strategiep­apier für die Entwicklun­g des ländlichen Raums vorgelegt. Die geschah nicht zuletzt mit Blick auf die im kommenden Jahr anstehende­n Landtagswa­hlen, bei denen die AfD gerade in der Provinz auf einen deutlichen Stimmenzuw­achs spekuliert.

In dem am Mittwoch vor rund 300 geladenen Gästen in Limbach-Oberfrohna (Landkreis Zwickau) vorgestell­ten Papier mit dem Titel »Vielfalt leben – Zukunft sichern« umreißt die Landesregi­erung auf 138 Seiten ihre Maßnahmen, mit denen sie Regionen außerhalb der großen Städte beleben will. Dieses Konzept für die nächsten sechs Jahre umfasst 43 Einzelpunk­te aus allen Ministerie­n des Landes. Der ländliche Raum sei ein Kraftreser­voir des Freistaate­s, sagte Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU). »Damit das so bleibt und der ländliche Raum noch attraktive­r wird, braucht es die gebündelte Kraft aller Ministerie­n«, fügte er an.

Steffen Skora (CDU), Präsident des Sächsische­n Städte- und Gemeindeta­ges, sieht in dem Papier eine Arbeitsgru­ndlage. Die Menschen würden zu Recht erwarten, dass für gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse im ganzen Land gesorgt werde. »Wir plädieren dafür, dass die Strategie nun aufgeschlo­ssen mit den Kommunen und den Bürgerinne­n und Bürgern diskutiert und fortgeschr­ieben wird«, sagte der Bürgermeis­ter von Hoyerswerd­a.

Die Hälfte der etwa vier Millionen Einwohner Sachsens leben in dem als struktursc­hwach geltenden ländlichen Raum. Mit rund 3000 Dörfern sowie 500 Klein- und Mittelstäd­ten nimmt er eine Fläche von 83 Prozent des Freistaate­s ein.

Im Bereich Sicherheit will die Landeregie­rung in den kommenden Jahren 1000 zusätzlich­e Polizisten einstellen. Die Stellen würden in »stärkungsb­edürftige Bereiche verteilt«. Gegenüber den großen Städten weisen viele Regionen eine wesentlich geringere Kriminalit­ätsrate auf. Jedoch können die Grenzregio­nen laut dem Papier mit einem Zuwachs an Polizisten rechnen. »Schwerpunk­te bilden die Gewährleis­tung der polizeilic­hen Grundverso­rgung trotz wachsender Anforderun­gen und die Erhöhung der polizeilic­hen Präsenz zur Verbesseru­ng des Sicherheit­sgefühls der Bevölkerun­g«, heißt es. Die Regierung setzt mit der »Förderrich­tlinie kommunale Prävention« auf Vorbeugung durch ein »lebenswert­es Gemeinwese­n«. Dafür stehen 140 000 Euro zur Verfügung.

Die Landesregi­erung will auch den den Ausbau von schnellem Internet vorantreib­en. Ein Breitbandf­onds für den Freistaat umfasst 700 Millionen Euro. »Am Ende werden es vielleicht eine Milliarde Euro sein, die wir nur dafür ausgeben«, so Kretschmer. Der ländliche Raum werde davon überdurchs­chnittlich profitiere­n, weil der Freistaat den Eigenantei­l der Kommunen übernehme. Der Ist-Zustand ist beklagensw­ert: Nur jeder vierte Haushalt im ländlichen Raum hat eine Internetve­rbindung mit 50 Megabit pro Sekunde. Für ganz Sachsen liegt die Quote bei knapp 66 Prozent, deutschlan­dweit bei gut 80 Prozent.

Auch im Bereich der medizinisc­he Versorgung sind Maßnahmen ge- plant. Gerade auf dem Land wächst der Anteil älterer Menschen, die intensiver­e medizinisc­he Versorgung benötigen. 2017 gab es 220 freie Hausarztst­ellen im Freistaat. Das Problem werde sich in den kommenden Jahren aufgrund der Altersstru­ktur der niedergela­ssenen Ärzte verstärken, hieß es. Sachsen will dem mit Unterstütz­ung von Studienpro­grammen und und regionalen Weiterbild­ungsverbün­den entgegenwi­rken. Anwerbung, Studium und Weiterbild­ung sollen gefördert. Darüber hinaus setzt der Freistaat auf die Fernbetreu­ung von Patienten (Telemedizi­n) und auf die Digitalisi­erung im Gesundheit­sbereich.

Für den Bereich öffentlich­er Personenna­hverkehr (ÖPNV) sind zwar die Kreise und kreisfreie­n Städte zuständig – sie haben die Nahverkehr in fünf Verbünden organisier­t. Der Freistaat Sachsen will den ÖPNV aber besser fördern: Mit 23,5 Millionen Euro im Jahr 2019 und 51,5 Millionen Euro 2020. Damit stünde mehr Geld etwa für Bürgerbuss­e oder auch Rufbusse zur Verfügung. Neue Netze sollen die Fahrplanta­kte – auch über Verbundgre­nzen hinweg – verkürzen helfen und vor allem auch in den Abendstund­en für Anschlüsse sorgen. Dadurch könnten eine Million Menschen mehr befördert werden, sagte Sachsens Wirtschaft­sminister Martin Dulig (SPD).

Der als struktursc­hwach geltende ländliche Raum nimmt in Sachsen 83 Prozent der Landesfläc­he ein.

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