nd.DerTag

Reumütig

-

Journalist­en,

glaubt der frühere »Bild«-Chef Udo Röbel, haben aus der Geiselnahm­e von Gladbeck vor 30 Jahren wichtige Lehren gezogen. »Mir ist nach Gladbeck kein vergleichb­arer Fall bekannt, in dem Journalist­en so vehement ihre Grenzen überschrit­ten hätten«, sagte er dem »Redaktions­netzwerk Deutschlan­d«. »Uns Journalist­en« sei damals zu Recht vorgeworfe­n worden, die Gangster »hofiert« zu haben.

Röbel war bei der Geiselnahm­e als Vizechef des »Kölner Express« zu den Entführern Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner und ihren beiden Geiseln ins Auto gestiegen, um den Weg zur Autobahn zu weisen. Nach dem Verbrechen hatte das Verhalten von Röbel und anderen Journalist­en, die die Täter während der Flucht interviewt­en und die Polizei behinderte­n, eine Debatte über Verantwort­ung und Grenzen des Journalism­us entfacht.

Röbel, der »Bild« von 1998 bis 2000 leitete, habe die Erfahrung gemacht, »wie das ist, wenn man plötzlich selbst durch die Medienmang­el gedreht wird«. Er sehe ein, dass die damalige Kritik an den Journalist­en berechtigt war.

Die »Rösners und Degowskis von heute« könnten sich in klassische­n Medien nicht mehr derart produziere­n, ihnen stünden aber »ohne jeden Filter« alternativ­e Kanäle wie Twitter und andere neue Medien offen.

Auch der Medienwiss­enschaftle­r Bernd Gäbler glaubt an Lehren aus »Gladbeck«. Die Presse habe sich unter Federführu­ng des Presserats Regeln gegeben, die solche Situatione­n ausschlöss­en, schreibt er im »Tagesspieg­el«. Die Richtlinie 11.2 des Pressekode­x reflektier­e den Eindruck von Gladbeck. Die Presse darf sich demnach nicht zum Werkzeug von Verbrecher­n machen, keine eigenmächt­igen Vermittlun­gsversuche unternehme­n und keine Interviews während eines Tatgescheh­ens führen.

Degowski und Rösner waren nach einem Banküberfa­ll am 16. August 1988 mit Geiseln durch Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersach­sen sowie die Niederland­e geflüchtet. Ein Polizist und zwei Geiseln starben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany