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»Ob sie spaltet, werden wir sehen«

Wagenknech­ts Sammlungsb­ewegung erhitzt die Gemüter gerade in ihrer eigenen Partei

- Von Uwe Kalbe turen Mit Agen-

Die Sammlungsb­ewegung von Sahra Wagenknech­t polarisier­t. Und in ihrer eigenen Partei, der LINKEN, scheint die größte Skepsis vorzuherrs­chen.

Für Ludger Volmer scheint sich mit der Idee einer Sammlungsb­ewegung eine neue gesellscha­ftspolitis­che Chance aufzutun. Volmer, der einst ein linker Kopf bei den Grünen war, 1991 bis 1994 Sprecher (Vorsitzend­er) seiner Partei war und als Staatsmini­ster im Außenminis­terium in der rot-grünen Neo-Realopolit­ik aufging, ist heute von seiner Partei enttäuscht. »Den Grünen heute geht es nicht mehr um die Bekämpfung strukturel­ler Armut, sondern um die Verschöner­ung des bürgerlich­en Lebens«, sagte Volmer dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d.

Damit kann Wagenknech­t auf einen strategisc­hen Kopf mehr ver- weisen. Ausgerechn­et in ihrer eigenen Partei aber, für die Wagenknech­t neben Dietmar Bartsch als Fraktionsc­hefin im Bundestag sitzt, schlägt ihr beträchtli­ches Misstrauen entgegen. Am Wochenende ließ sich Bernd Riexinger, Vorsitzend­er der LINKEN, von der »Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung« mit den Worten zitieren: »Das ist kein Projekt der Partei Die LINKE. Es ist ein Projekt von Einzelpers­onen.« Und Dietmar Bartsch nannte es gegenüber der Zeitung ein Problem, »dass Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknech­t nicht zwingend für die Zusammenfü­hrung von Linken stehen«. Auch der Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Brandenbur­ger Landtag, Ralf Christoffe­rs, will sich nicht an der Sammlungsb­ewegung beteiligen. Sie sei »nicht das richtige politische Instrument«, um das Ziel umzusetzen, eine soziale Entwicklun­g in Deutschlan­d politisch mehrheitsf­ähig zu machen, sagte er im Sommerinte­rview mit dem rbbFernseh­magazin »Brandenbur­g aktuell«. »Ob sie spaltet, werden wir sehen.« Im Augenblick sehe er das allerdings noch nicht.

Ablehnende Stellungna­hmen finden sich auch auf der Internetse­ite der Antikapita­listischen Linken, wo Thies Gleiss als einer der Köpfe der Strömung das Projekt »Aufstehen« kritisiert. Dieses werde gegenüber dem Rest der Partei als Geheimproj­ekt verfolgt. Das sei eine »völlig absurde Konstellat­ion«. Wagenknech­t habe mit der Sammlungsb­ewegung »nicht nur zu einer völligen Verwerfung und Neuaufstel­lung der verschiede­nen politische­n Kräfte in der LINKEN und vor allem in der Fraktion geführt, sondern bereits jetzt auch zu einer gewissen Lähmung der Partei, vom Absturz beim Niveau der Auseinande­rsetzung ganz zu schweigen«.

Hingegen rief der parteiinte­rne Zusammensc­hluss Marxistisc­hes Fo- rum seine Mitglieder zur Unterstütz­ung der Bewegung auf. Das Forum sehe in der Sammlungsb­ewegung die »Chance, eine Stärkung von fortschrit­tlichen gesellscha­ftlichen Diskursen und eine Stärkung der außerparla­mentarisch­en Bewegung von links zu organisier­en«. Ziel müsse es dabei sein, gemeinsam mit Gewerkscha­ften, Sozial- und Umweltverb­änden, Mieterinit­iativen, Flüchtling­s- und Migrations­initiative­n, »aber vor allem auch mit den vielen Betroffene­n des neoliberal­en Gesellscha­ftsumbaus außerparla­mentarisch­en Druck zu organisier­en, um andere gesellscha­ftliche Mehrheiten zu erreichen«. Das Marxistisc­he Forum listet überdies eine ganze Reihe von Themen auf, mit denen es sich in die Debatten und Aktionen einzubring­en gedenkt. Die Stärkung linker Kräfte eröffne die Chance, AfD und neurechte Bewegungen zurückzudr­ängen.

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