Erste Zahlen zu Ausfällen bei den Ernten
Bundesländer melden drei Milliarden Euro
Osnabrück. Acht Bundesländer haben der Bundesregierung einem Bericht zufolge wegen der anhaltenden Dürre Schäden in Höhe von insgesamt fast drei Milliarden Euro gemeldet. Die größte Summe fällt mit 980 Millionen Euro in Niedersachsen an, wie die »Neue Osnabrücker Zeitung« am Samstag berichtete. Die Schadensmeldungen sind eine zentrale Voraussetzung für die von den Bauern wegen der Dürre geforderten staatlichen Hilfen in Milliardenhöhe. Mecklenburg-Vorpommern meldete der Bundesregierung dem Bericht zufolge in den vergangenen Tagen 531 Millionen Euro an Schäden, Schleswig-Holstein 422 Millionen. Zudem hätten Sachsen 308 Millionen, Brandenburg 260 Millionen, Rheinland-Pfalz 180 Millionen, Thüringen 150 Millionen und das Saarland 5,3 Millionen Euro an Schäden aufgrund der Trockenheit in diesem Sommer gemeldet.
Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied sagte der »NOZ«: »Das derzeitige Schadensbild von nur acht Bundesländern bestätigt unsere Befürchtungen.« Die Schäden seien enorm, etliche Betriebe seien in Existenznot. »Deshalb fordern wir Bundesländer und Bund auf, die Nothilfesituation zu erklären und ein Hilfsprogramm für die betroffenen Landwirte auf den Weg zu bringen«, sagte Rukwied. Sachsen-Anhalts Bauernpräsident Olaf Feuerborn forderte gegenüber der »Mitteldeutschen Zeitung« den Aufbau von Krisenfonds und neue, staatlich geförderte Dürre-Versicherungen, damit die Landwirtschaft auf Trockenperioden besser vorbereitet sei.
Für Hilfen etwa bei der Bereitstellung zusätzlicher Futtermittel warb auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Sie mahnte allerdings zugleich zur Besonnenheit. »Aus meiner Sicht hilft es jetzt nicht, wahllos Gelder auszuschütten, sondern man muss schauen: Welche Betriebe sind wirklich in Not geraten, welche sind in ihrer Existenz bedroht?« sagte Baerbock im Deutschlandfunk. Zudem müsse die Bundesregierung stärker auf einen ökologischen Umbau der Landwirtschaft setzen.
Für Hilfsmaßnahmen bei Extremwetterereignissen sind die Länder zuständig, bei Ereignissen von nationalem Ausmaß kann aber der Bund einspringen. So geschah es 2003. Ob sie in diesem Jahr einspringt, prüft die Regierung derzeit. Am kommenden Mittwoch will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Kabinett den Erntebericht vorstellen.
Die ersten Ergebnisse aus den Bundesländern zu den Ernteausfällen durch Dürre und Überschwemmungen sind alarmierend: Fast drei Milliarden Euro veranschlagen die Betriebe. Viele Höfe stehen vor dem Aus und brauchen finanzielle Unterstützung. Diese Hilfen sind Ländersache, nur bei Ereignissen mit nationalen Ausmaßen springt der Bund ein. Dass die Länder diese Krise allein stemmen können, ist allerdings fraglich.
Doch was ist mit allen anderen Akteuren? Immerhin, die Bodenverwertungsgesellschaft BVVG stundet die Pachtpreise. Doch Biogasbetreiber zahlen Höchstpreise für Mais und verknappen damit zusätzlich die Futtermittel. Schlachthöfe setzen die Erzeuger mit Dumpingpreisen unter Druck. Molkereien senken den Preis für Butter. Die Einkaufspolitik der Supermärkte bleibt unverändert. In dieser Situation könnten sie alle eine aktive Rolle spielen, um die Existenz der Betriebe zu sichern.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will am Mittwoch bekannt geben, ob der Bund finanziell einspringt. In der akuten Notlage wäre das zu begrüßen. Tatsächlich jedoch besteht ihr Job darin, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen und zudem langfristig die politischen Weichen zu stellen für eine nachhaltige Landwirtschaft, die so ausgestattet ist, dass sie den Auswirkungen des Klimawandels trotzen kann – ohne Nothilfen.