nd.DerTag

Neuaufguss von Germany first

Uwe Sattler findet es bedenklich, die EU zur deutschen Interessen­sphäre zu erklären

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Macron muss weiter warten. Fast ein Jahr ist es her, dass der französisc­he Präsident seine Reformvors­chläge für die EU vorlegte. Ein gemeinsame­r – steuerfina­nzierter – Geldtopf für die Euro-Währungszo­ne war darin ebenso vorgesehen wie eine zentralisi­erte Wirtschaft­spolitik der EU und ein europäisch­es Asylsystem. Gerade die Deutschen aber, auf die der Staatschef aus Paris gesetzt hatte und die zusammen mit den Franzosen über Jahrzehnte den »europäisch­en Motor« bildeten, zeigten bislang die kalte Schulter.

Dabei zweifelt auch in Berlin niemand daran, dass die bald 27-er Gemeinscha­ft arg reparaturb­edürftig ist. Zumal, wie Bundesauße­nminister Maas nun völlig zu Recht sagte, die EU in Zukunft in fast allen Politikber­eichen wesentlich stärker gefordert sein werde als bisher. Dies heiße jedoch keinesfall­s, zu allen Vorschläge­n aus dem Nachbarlan­d Ja und Amen zu sagen, erteilte Maas Macron abermals eine Abfuhr. Dafür spielte er die deutsche Karte: »Das nationale Interesse Deutschlan­ds hat im Jahre 2018 einen Namen: Europa.«

Offenbar wünscht sich der Außenminis­ter eine Rückkehr Berlins zur alten Dominanz in der EU. Und ebenso offenbar, ohne als Juniorpart­ner der Franzosen zu gelten. Dieser Kurs klingt bedenklich nach einem Neuaufguss der Germany-first-Politik, die nicht nur in Griechenla­nd ein soziales Trümmerfel­d hinterließ.

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