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Wenn man Pegida filmen will

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Die sächsische Polizei steht wegen ihres Vorgehens gegen Journalist­en am Rande des Dresden-Besuchs von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) in der Kritik. Nach Angaben von ZDF-Chefredakt­eur Peter Frey wurde ein Kamerateam, das bei Merkels Visite am Donnerstag im Auftrag des Senders unterwegs war, von Pegida-Demonstran­ten verbal angegriffe­n und danach etwa eine Dreivierte­lstunde von der Polizei festgehalt­en.

»Das ZDF verlangt eine Aufklärung des Vorgangs«, sagte Frey am Sonntag. »Es handelt sich um eine klare Einschränk­ung der freien Berichters­tattung. Das Team hat sich korrekt verhalten.«

Ein Video, das Ausschnitt­e des Geschehens zeigt, und eine Twitternac­hricht von Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) lösten am Wochenende Empörung aus. »Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten«, schrieb Kretschmer am Samstag auf Twitter. Am Sonntag sagte er der dpa: »Die Sache wird in aller Ruhe aufgearbei­tet und dann werden wir sehen, woran wir sind.« Seine Aufgabe als Ministerpr­äsident sei es auch, sich vor die Beamten zu stellen, »und das mache ich«.

Das sächsische Innenminis­terium verteidigt­e wiederum per Twitternac­hricht die Polizisten, die nach Anzeigen durch Demonstran­ten die Identitäte­n der Journalist­en festgestel­lt hatten: »Wenn Anzeige erstattet wird, egal gegen wen, müssen die Beamten handeln und die Personalie­n aufnehmen«, hieß es in der Stellungna­hme. »Wir sollten keine geschnitte­nen Filme voreilig bewerten, sondern in Ruhe das gesamte Rohmateria­l anschauen.« Der Dresdner Polizeiprä­sident habe die betroffene­n Reporter zu einem klärenden Gespräch eingeladen.

Einer von ihnen hatte noch in der Nacht zum Freitag bei Facebook einen Film gepostet. Nach seinen Angaben wollte das Team für die ZDFSendung »Frontal 21« drehen. »Doch dann fühlten sich einige Pegida-AfDAnhänge­r von unseren Dreharbeit­en gestört und forderten die Polizei auf, einzuschre­iten. Die sächsische­n Beamten kamen dem nach und plötzlich befanden wir uns in einer polizeilic­hen Maßnahme«, schrieb der Kameramann. Das Ganze habe etwa 45 Minuten gedauert. Polizeibea­mte hätten sich damit »zur Exekutive der Pegida-Bewegung« gemacht.

Auf dem Video ist zu sehen, wie ein Teilnehmer der Demonstrat­ion verlangt, nicht gefilmt zu werden. Er beschimpft den Kameramann und fordert ihn lautstark auf, mit ihm zu den Polizeibea­mten zu gehen, die in der Nähe stehen.

Später wird das TV-Team von Beamten überprüft. »Ich sehe Polizisten, die nicht begründen, warum sie Journalist­en an ihrer Arbeit hindern. Ich sehe Pegida, die die freie Presse beschimpfe­n«, deutete die Fraktionsc­hefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, die Szene auf Twitter. Ein Ministerpr­äsident, der befinde, das Handeln der Polizisten sei seriös, müsse sich fragen lassen, ob er auf der Seite von Demokratie und Freiheit stehe.

Auch im Dresdner Landtag wird nun Aufklärung gefordert. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheit­en, hätte sich die sächsische Polizei erneut zum »Handlanger der Pegisten« gemacht, sagte der Linksparte­i-Innenexper­te Enrico Stange. Der Vorwurf, dass sich die Polizei von Pegida- und AfD-Anhängern instrument­alisieren lasse und die freie Berichters­tattung »mit der Aufklärung vermeintli­cher Straftaten verhindert«, wiege schwer, erklärte sein Grünen-Kollege Valentin Lippmann.

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