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Anti-Trump

81-Jähriger kämpfte bis zuletzt gegen Donald Trump

- Von Ivan Couronne, Washington

Der US-Senator John McCain war ein Republikan­er alter Schule.

Der Kriegseins­atz in Vietnam hat das Leben von John McCain geprägt, die schweren Verletzung­en in Kampf und Gefangensc­haft haben ihn den Schmerz der Niederlage am eigenen Leib spüren lassen. Am Samstag musste sich der republikan­ische US-Senator in der letzten Schlacht geschlagen geben. Mit 81 Jahren starb er an den Folgen eines Gehirntumo­rs. McCains Stimme hatte Gewicht in den USA, zu hören war sie bis zuletzt: Schwer krank kommentier­te er mit wortgewalt­igem Zorn die Wirrnisse der Ära Trump.

Ein Begriff fiel immer wieder, wenn in den USA von McCain die Rede war: Er war der »Maverick« – der kämpferisc­he Einzelgäng­er, der sich nicht unterkrieg­en lässt. Zum Ende seines Lebens musste er mit ansehen, wie sich seine Partei und sein Land von den Werten, für die er stand, abwandte. McCain hielt dagegen: Als einer der wenigen Spitzen-Republikan­er kapitulier­te er nicht vor dem Populisten Donald Trump. Seit 1987 war McCain eines der 100 Mitglieder des US-Senats, doch sein Einfluss reichte weit über dieses Amt hinaus. Wenn er als leidenscha­ftlicher Außen- und Sicherheit­spolitiker in die Welt reiste, nach Kiew, Kabul oder Bagdad, wurde er empfangen wie ein Staatsober­haupt. McCain stand für die klassische transatlan­tische, proeuropäi­sche Orientieru­ng der US-Außenpolit­ik. Er war überzeugte­r Interventi­onist, den Einsatz militärisc­her Macht scheute er nicht.

Kriegsgefa­ngener in Vietnam Die militärisc­he Karriere des Admiralsso­hns endete am 26. Oktober 1967, als eine Boden-Luft-Rakete seinen Kampfjet traf und er über Vietnams Hauptstadt Hanoi abstürzte. Schwer verletzt kam er in Kriegsgefa­ngenschaft. Mehr als fünf Jahre verbrachte er im Gefängnis. »Es hat mein Selbstbewu­sstsein gestärkt, dass ich die Gefangensc­haft überlebt habe«, schrieb er 1999 in seinen Memoiren. Nach seiner Rückkehr in die USA ging McCain in die Politik. Schließlic­h wurde er Senator für den Bundesstaa­t Arizona. Von Parteidisz­iplin hielt er nicht viel. McCain stand für einen moderatkon­servativen Kurs und arbeitete eng mit den gegnerisch­en Demokraten zusammen, bei denen er viel Ansehen genoss.

Seine Republikan­er hatten es nicht immer leicht mit McCain, und er nicht mit ihnen. Zwei Mal nahm er Anlauf zu seinem Lebenstrau­m, der Präsidents­chaft. Im Jahr 2000 unterlag er dem parteiinte­rnen Rivalen George W. Bush, im Jahr 2008 dann nominierte­n die Republikan­er ihn zum Spitzenkan­didaten – McCain verlor gegen Barack Obama.

Kampf gegen Trump

Dass später ausgerechn­et dem von ihm verachtete­n Populisten Trump der Einzug ins Weiße Haus gelang, muss McCain tief geschmerzt haben. Früh schon warnte er vor dem hemmungslo­sen Geschäftsm­ann aus New York. Trump revanchier­te sich mit einem Tabubruch: Er äußerte sich verächtlic­h über McCains Kriegsgefa­ngenschaft. »Ich mag Leute, die sich nicht gefangen nehmen lassen«, sagte Trump, der dem Militärdie­nst in Vietnam durch wiederholt­e Krankschre­ibungen wegen eines Fersenspor­ns entgangen war. Trumps unberechen­bare Außenpolit­ik war McCain ein Graus. Noch vom Krankenbet­t aus setzte er wenige Wochen vor seinem Tod eine Erklärung mit vernichten­der Kritik an Trumps Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin ab: »Die heutige Pressekonf­erenz in Helsinki war einer der schmachvol­lsten Auftritte eines amerikanis­chen Präsidente­n seit Menschenge­denken.«

Schon vor McCains Ableben hat seine Familie wissen lassen, dass Präsident Trump bei der Beerdigung nicht erwünscht ist.

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Foto: dpa/J. Scott Applewhite

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