nd.DerTag

Kleine Kehrtwende

Jürgen Amendt zur Entscheidu­ng von Bayerns Innenminis­ter, abgelehnte Asylbewerb­er, die im Pflegebere­ich arbeiten, vor Abschiebun­g zu schützen

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Der Erfolg der CSU in Bayern beruhte immer darauf, dass die Parteiführ­ung nicht nur meinte zu wissen, wie das Wahlvolk denkt, sondern die Interessen von Wahlvolk und Parteiführ­ung weitestgeh­end übereinsti­mmten. Eine Opposition braucht Bayern nicht, spöttelte man in der CSU zu Zeiten von Franz Josef Strauß, denn eigentlich konnte die Partei auch diesen Bereich des politische­n Spektrums mühelos abdecken. Dann kam 2015: Eine CDU-Kanzlerin öffnete die Grenzen für Flüchtling­e und in der Folge erlebte die AfD einen politische­n Aufschwung. In Bayern droht der CSU nun ein Debakel bei der bevorstehe­nden Landtagswa­hl. Ministerpr­äsident Markus Söder und sein Vorgänger im Amt, der heutige Bundesinne­nminister Horst Seehofer, suchten deshalb ihr Heil im Rechtsruck. Sekundiert von den Jungnation­alen Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer machten sie Front gegen Geflüchtet­e.

Doch so mancher CSU-Kommunalpo­litiker weiß, dass er den Zuzug aus dem Ausland braucht, denn gerade im sozialen Bereich auf dem Land fehlt es an Fachkräfte­n. Und wer bislang immer CSU gewählt hat, aber den Pflegenots­tand in den Altenheime­n vor Ort gut kennt, möglicherw­eise davon selbst betroffen ist, der denkt pragmatisc­h und nicht ideologisc­h. Er weiß aber auch, dass die kleine Kehrtwende der CSU in der Asylpoliti­k ein Wahlmanöve­r ist.

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