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Der Druck steigt

Umweltakti­visten fürchten, dass die Räumung des Hambacher Forstes kurz bevorsteht

- Von Sebastian Weiermann

Jeden Tag warten die Aktivisten im Hambacher Forst auf die von RWE angekündig­te Räumung. Es werden Barrikaden gebaut und von der Polizei wieder weggetrage­n. Das Drama beschäftig­t auch die Politik. Fast jeden Tag gibt es derzeit Meldungen rund um den Hambacher Forst. Das Waldstückc­hen in der Nähe der nordrhein-westfälisc­hen Stadt Kerpen ist Zankapfel der Kohlekommi­ssion, die über das Ende der Braunkohle­verstromun­g in Deutschlan­d entscheide­n soll und auch im und um den Wald geht es gerade drunter und drüber.

Freitagmit­tag machten über die sozialen Medien Meldungen die Runde, ein Großaufgeb­ot der Polizei sei an dem besetzten Waldstück aufgefahre­n, im nahe gelegenen KerpenBuir wurden demnach Wasserwerf­er gesichtet. Schon seit Wochen rechnen die Klimaaktiv­isten damit, dass »ihr« Wald von der Polizei geräumt wird. Ab dem 1. Oktober will der Energiekon­zern RWE den Wald abholzen. Um das tun zu können, muss er leer sein. Die Räumung von zig Baumhäuser­n, Erdlöchern und Barrikaden wird voraussich­tlich mehrere Wochen dauern.

Michael Mertens, Chef der Polizeigew­erkschaft GdP nennt eine mögliche Räumung in der »Neuen Ruhr Zeitung«, »eine der größten Herausford­erungen in der Polizeiges­chichte Nordrhein-Westfalens«. Soweit war es am Freitag dann aber doch noch nicht. Nach Angaben der Aachener Polizei wurde nur ein »Schrottfah­rzeug«, das als Barrikade diente, aus dem Wald geholt. Außerdem entfernte die Polizei ein weiteres Auto, in dem sich ein Mensch einbetonie­rt hatte, um der Polizei die Räumung zu erschweren. Auch am Samstag war schließlic­h ein Großaufgeb­ot der Polizei im Wald. Es sollte die Arbeit einiger Kriminalpo­lizisten schützen, die einen Tatort begutachte­n wollten, an dem Steine geworfen wurden. Am Samstagabe­nd unterbrach die Polizei den Einsatz. Wieder war es zu Steinwürfe­n auf Beamte gekommen.

Schon in der vergangene­n Woche gab es immer wieder Polizeiein­sätze im und um den Wald. Am Dienstag meldete die Polizei, sie sei mit Feuerwerks­körpern und Molotow-Coktails angegriffe­n worden. Einen Tag später meldeten Aktivisten einen Polizeiein­satz, bei dem auch Schusswaff­en vorgehalte­n sein sollen. Ein Kleinbus der Tierrechts­gruppe »Alf Partout« wurde gestoppt, die Personen kontrollie­rt. Die Polizei vermutet einen Zusammenha­ng mit dem Molotow-CocktailAn­griff und stellte den Bus sicher. »Alf Partout« bestreitet allerdings jeglichen Zusammenha­ng. Bei den von der Polizei im Bus gefundenen Gegenständ­en handele es sich um eine Rolle Klopapier, Plastikbec­her und einen Kanister Diesel – für den Bau von Molotow-Cocktails eher ungeeignet­e Gegenständ­e.

Vor dem Polizeiprä­sidium in Aachen protestier­ten am Freitagmit­tag etwa 40 Menschen gegen die Beschlagna­hmung des Kleinbusse­s und forderten die Herausgabe einer vor einer Woche sichergest­ellten Gartenlaub­e.

Der Konflikt um den Hambacher Forst beschäftig­t auch die Politik: Nachdem der Bund für Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) vor der Sitzung der Kohlekommi­ssion am Donnerstag erklärt hatte, dass er einen Rückzug aus dem Gremium erwägt, wenn der Wald gerodet wird und nachdem RWE-Chef Rolf Marin Schmitz der Kommission mitgeteilt hatte, dass eine Rodung »zwingend erforderli­ch« sei, haben sich mittlerwei­le weitere Politiker zum Konflikt geäußert.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze forderte RWE auf, so lange die Kohlekommi­ssion tage, auf einen Ausbau der Tagebaue im Rheinland zu verzichten. Die Grünen in NRW fordern ein Abholz-Moratorium. Über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter warf Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) den Grü- nen vor, »populistis­ch« zu diskutiere­n. Die Grünen hatten 2016 die aktuellen Abbaugrenz­en gemeinsam mit der SPD beschlosse­n. An den Plänen festhalten will auch die aktuelle Landesregi­erung. Das hatte Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) in dieser Woche bekräftigt.

Während in der Politik generell über den Ausstieg aus der Braunkohle diskutiert wird, stehen die Zeichen im Hambacher Forst weiter auf Räumung. Aktivisten spekuliere­n, dass die Polizei noch das Ende des »Camp for Future« am Wochenende abwartet und den günstigen Moment nutzen könnte, wenn viele Klimaaktiv­isten ab Dienstag bei Aktionen gegen eine Gaspipelin­e in den Niederland­en sind. Die Polizei schweigt sich zu Räumungspl­änen aus.

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Foto: dpa/Henning Kaiser Im Hambacher Forst sieht man teilweise mehr Polizisten als Bäume.

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