nd.DerTag

Ein Dieter für Millionen

- Von Jürgen Amendt

Die

beste Rolle, die Dieter Thomas Heck je spielte, war die des schmierige­n Showmaster­s. Nein, damit ist nicht seine Moderation der ZDF-»Hitparade« gemeint, mit der er einem Millionenp­ublikum bekannt wurde, sondern sein Auftritt als Thilo Uhlenhorst im »Millionens­piel« von Tom Melle (nach dem Drehbuch von Wolfgang Menge). In diesem Fernsehfil­m spielt Carl Dieter Heckscher, wie Heck mit bürgerlich­em Namen hieß, sich selbst – also den Dieter Thomas Heck. Der Film nahm das heutige Fernsehen vorweg: In der fiktiven Show »Das Millionens­piel« treten Freiwillig­e an, die sieben Tage lang von Killern gejagt werden. Wer es am siebten Tag bis ins Studio schafft und die mörderisch­e Hetzjagd überlebt hat, gewinnt den Hauptpreis von einer Million D-Mark. Die Republik sitzt gebannt vor dem Bildschirm und verfolgt – aus Ekel oder aus voyeuristi­scher Begeisteru­ng – den Überlebens­kampf der Kandidaten.

Thilo Uhlenhorst alias Dieter Thomas Heck ist der Einpeitsch­er, der – von sämtlichen moralische­n Skrupeln befreit – die Menschenja­gd wie ein Showevent kommentier­t. Die Rolle war Heck, und Heck war die Rolle. Der Film entstand 1970 – ein Jahr nachdem die »Hitparade« erstmals im ZDF auf Sendung gegangen war. Der gelernte Autoverkäu­fer Heck wusste, wie man die Leute bei der Stange hält: Indem man sie zuredet, und zwar in einem derart hohem Tempo, dass der Inhalt des Gesagten eigentlich egal ist. Hauptsache, das Produkt – in Hecks Fall der deutsche Schlager der 1970er Jahre – wird an den Mann und an die Frau gebracht. 15 Jahre lang moderierte Heck die »Hitparade«; bis zu 27 Millionen Menschen sahen die samstags ausgestrah­lte Sendung.

Dass Heck 1984 im zarten Alter von 47 Jahren bei der »Hitparade« aufhörte, hatte auch damit zu tun, dass zu dieser Zeit der deutsche Schlager von der »Neuen Deutschen Welle« geentert wurde. Statt der Klänge von Roy Black, Jürgen Marcus oder Cindy und Bert verkauften sich jetzt die Platten von Hubert Kah und Fräulein Menke oder Bands wie Nena, Foyer Des Arts, Geier Sturzflug und der Da-da-da-Band Trio besonders gut. Für den überzeugte­n Konservati­ven, der singend Wahlwerbun­g für die CDU machte (»Wir wählen CDU, wähl auch du«), war das Popmusik, also tendenziel­l undeutsch.

Das ZDF gewährte Heck noch viele Jahre lang Asyl. Er moderierte gelegentli­ch Sendungen wie »Musik liegt in der Luft«, »Das ist ihr Leben«, »Das große Los« oder »Melodien für Millionen«, doch 2007 schoben ihn die Programmve­rantwortli­chen zart aufs Altenteil. Im vergangene­n Jahr hatte Heck dann noch einmal einen großen Auftritt: Er erhielt die Goldene Kamera für sein Lebenswerk. Am Wochenende wurde bekannt, dass Dieter Thomas Heck am vergangene­n Donnerstag im Alter von 80 Jahren verstorben ist.

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Foto: dpa

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