Kurz nach Sonnenaufgang stürzt sich eine Gruppe Gotteskrieger in ein symbolträchtiges Gebäude der menschlichen Zivilisation und richtet ein Blutbad an.
ligiöse Deutungshoheit in einer seinerzeit beispiellosen Radikalität ans Licht der Öffentlichkeit. Während der zusehends beiläufig gelebte Islam zuvor noch im Verborgenen erwachte, wird er im Sog der iranischen Revolution neun Monate zuvor nun vollends politisch. Eingekeilt zwischen Ajatollah Chomeinis schiitischem Königssturz im Osten und Gamal Abdel Nassers ägyptischem Nationalismus im Westen, zwischen dem sowjetischen Laizismus im Norden und der kapitalistischen Dekadenz im eigenen Land, bittet die Dynastie der Al Saud ausgerechnet das postkoloniale Frankreich um Hilfe zur Befreiung der Kaaba und macht die Hüter der wichtigsten islamischen Heiligtümer damit zu wirtschaftlich starken, spiri- tuell schwachen Lakaien der vermeintlich Ungläubigen.
Von Terroristen, die Mekkas Große Moschee besetzt hatten, bis zum Künstler, dessen Großvater ihr Gefangener war, vom amerikanischen Ex-Diplomaten, der in Cowboystiefeln vom okzidentalen Durchsetzungsvermögen schwärmt, bis zum arabischen Reporter, der es ins Ver- die Hauptkonfliktlinie am »Ende der Geschichte«, das der amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama nach dem Ende des Ostblocks ausgerufen hatte: Abgesehen von einer populistisch befeuerten Rückkehr der Nation als Gottesersatz, die gerade selbst demokratische Staaten gegeneinander aufbringt, wendet sich der politische Islam ja weniger gegen westliche Antipoden als gegen jene Glaubensbrüder, die ihre Religion angeblich nicht radikal genug leben. Muslime gegen Muslime – folgt man Dirk van den Bergs sehenswertem ARD-Film, verläuft hier seit dem »Urknall des Terrors« eine Front, deren Querschläger bis zu uns fliegen.
ARD, 22.45 Uhr