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Zehn Minuten

Haidy Damm über die Tarifvertr­äge in der Fleischbra­nche

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Rund vier Jahre ist es her, da konnte die Fleischwir­tschaft die negativen Schlagzeil­en über Ausbeutung in der Branche nicht mehr ignorieren. Seitdem hat sich zumindest die Rechtslage der Arbeiter*innen verbessert. 2016 entstand nach harten Verhandlun­gen ein erster Tarifvertr­ag, ein Gesetz zur Sicherung der Arbeitnehm­errechte folgte ein Jahr später.

Auch der zu Jahresbegi­nn verabschie­dete aktuelle Tarifvertr­ag war Ergebnis zäher Verhandlun­gen. Neu war darin: Pro Arbeitstag wird eine Umkleideze­it von zehn Minuten vergütet. Mehr war nicht drin aufseiten der Industrie, das hat die zuständige Gewerkscha­ft schon im Februar bedauert. Nun hat die Bundesregi­erung sich geweigert, den Tarifvertr­ag als allgemeinv­erbindlich zu erklären. Erklärung: Die pauschale Umkleideze­it lade ein, den Mindestloh­n zu unterschre­iten.

Damit hat die Bundesregi­erung recht. Denn trotz Selbstverp­flichtung und Gesetzesän­derungen bleibt die Liste der Schlupflöc­her lang. Grundsätzl­ich hat sich in den vergangene­n Jahren nichts geändert: Die Fleischbra­nche bleibt geprägt von Überproduk­tion und Handelsdru­ck. Der Wettbewerb wird ausschließ­lich über den Preis ausgetrage­n, das erhöht den Druck auf die Löhne. So bleibt sogar das Schlupfloc­h »Umkleideze­it« attraktiv – selbst wenn es um Minuten geht.

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