Ein schwieriges Pflaster für Sozialisten
Bayerns LINKE stellt Kampagne für die Landtagswahl vor. Zuletzt gab es hier vor allem Niederlagen, doch auch im Süden ist das linke Wählerpotenzial beträchtlich
Die internen Flügelkämpfe scheinen überwunden zu sein und die Mitgliedschaft wächst. Trotzdem ist es nach wie vor unsicher, ob die LINKE erstmals in den bayerischen Landtag einziehen wird. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, an dem die LINKE in Bayern ihre Kampagne zur am 14. Oktober anstehenden Landtagswahl präsentiert: Im Mathäser an der Münchner Bayerstraße. Hier wurde vor 100 Jahren in der Nacht vom 7. auf den 8. November von Kurt Eisner und seinen Revolutionären der König abgesetzt und die Republik ausgerufen. Und so soll der Wahltag auch zu einem historischen Tag werden, an dem eine sozialistische Partei in den bayerischen Landtag einzieht, meint jedenfalls Eva Bulling-Schröter, die zusammen mit Ates Gürpinar das oberbayrische Spitzenduo der Linkspartei bildet.
Optimistisch dazu gibt sich Landesgeschäftsführer Max Steininger. 15 Prozent der Wähler könnten sich vorstellen, die Linkspartei zu wählen, gibt er die Ergebnisse einer Umfrage bekannt. Ein Potenzial, das freilich erst mal in Wählerstimmen umgewandelt werden will. »Mein Ziel wäre 5,1 Prozent«, gibt sich dazu die Ingolstädterin Bulling-Schröter realistisch-bescheiden.
Die Partei lag bei Umfragen der vergangenen acht Monate zwischen 2,8 und vier Prozent. Bei der Landtagswahl im September 2013 hatte die Linke ein eher dürftiges Ergebnis von 2,1 Prozent der Stimmen eingefahren (bei der Bundestagswahl 2017 aber 5,2 Prozent Erststimmen). Die Partei sei gewachsen und »erwachsener« geworden, so Steininger weiter. Sie zähle heute in Bayern 3200 Mitglieder, wovon allein 800 seit der Landtagswahl 2017 beigetreten seien. Und rund die Hälfte der Mitglieder sei zwischen 16 und 30 Jahren jung. Abgenommen hätten dagegen die parteiinternen Streitereien und Richtungskämpfe, die zeitweise das Erscheinungsbild der bayerischen Linkspartei geprägt hatten.
Mit Eva Bulling-Schröter trete die »erfahrenste Parlamentarierin der LINKEN in Bayern« an, so Wahlkampfleiter Steininger. Sie stehe für das »widerständige Bayern«. Die gelernte Betriebsschlosserin war 1994 für die PDS in den Bundestag eingezogen und saß dort erneut von 2005 bis 2017 als umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion. »Wir sind die wirkliche Alternative«, sagt die Ingolstädterin in Hinblick auf das Erstarken der AfD auch in ihrer Heimatstadt. Und: »Die CSU hat mit ihrer Politik diese Partei erst richtig stark gemacht.« Die AfD spiele die Armen gegen die Ärmsten aus und sei rassistisch.
Bekanntschaft mit Rassismus machte jetzt auch Ates Gürpinar. Der 34-jährige Landessprecher der Partei – die Großmutter war aus Pommern geflüchtet, der Vater aus der Türkei eingewandert – präsentiert auf einem Wahlplakat das zentrale Motto: »Mehr für die Mehrheit«. Damit ist die völlig schiefe Verteilung der Vermögen in Bayern angesprochen – ein Prozent der Bevölkerung verfügt über ein Drittel aller Vermögen, während sieben Millionen Menschen insgesamt weniger als fünf Prozent der Vermögen ihr eigen nennen könnten. Das Wahlkampfmotto zielt darauf ab, der Mehrheit der Bevölkerung auch mehr von dem Kuchen abzugeben, den sie selbst erarbeitet.
Ein Psychoanalytiker, der für eine Münchner Boulevardzeitung die Wahlkampfplakate der Parteien analysierte, sah etwas ganz anderes. Er brachte Gürpinar mit dem türkischen Präsidenten in Verbindung: »Der Spruch ›Mehr für die Mehrheit‹ könnte unglücklicherweise auf die Mehrheit der Türken hinweisen, die Erdogan gewählt hat.« Wahlkampfleiter Steininger sagte dazu: »Rassismus wird nicht besser, wenn er im Gewand des Großkopferten mit Doktortitel daherkommt. Erst wird der bayerische Spitzenkandidat der LINKEN zum Ausländer erklärt. Dann wird er auch noch verantwortlich gemacht, dass Erdogan dank Waffenlieferungen von CSU und SPD seine Diktatur in der Türkei ausbaut.«
Die 60 000 Wahlplakate der Linkspartei sollen bis zum Wahltag die zentralen Aussagen transportieren: Es geht um die Umverteilung von Reichtum und um »gute Arbeit statt Arbeitsdruck, Drangsalierung und Existenzangst«. Weitere Themen sind der Kampf für bezahlbare Wohnungen. Die Partei fordert 40 000 neue Sozialwohnungen jährlich. Außerdem sieht der Forderungskatalog Verbesserung der Pflege vor – auch durch einen Pflegemindestlohn von 14,50 Euro. Mehr Schutz für die Umwelt anstatt für Konzerne, der Ausbau eines kostenfreien Nahverkehrs und »mehr Freistaat statt Polizeistaat« sind weitere Forderung für eine künftige Politik in Bayern. Dazu gehört auch der Stopp von Waffenexporten.
Im besten Fall für die LINKE wird sie diese Anliegen als Oppositionspartei im Landtag weiter verfolgen können. Eine Regierungsbeteiligung ist kein ernsthaftes Thema. Und so hat Gürpinar auch kein Problem, sich vor der Wahl festzulegen: »Eine Koalition mit der CSU schließen wir definitiv aus.«