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Digitale Fußballpro­fis

Fußballver­eine und ihr Verhältnis zu eSports

- Von Lee Wiegand mit Agenturen

Im Prozess der Profession­alisierung der deutschen eSport-Szene ist Stillstand ein unbekannte­s Wort. Gerade nimmt die Abteilungs­bildung im Bereich eSport auch bei den klassische­n Sportverei­nen mächtig Fahrt auf: Nach den Fußball-Erst- und Zweitligis­ten VfB Stuttgart, VfL Wolfsburg, FC Schalke 04, RB Leipzig und VfL Bochum macht jetzt auch der SV Sandhausen aus Baden Württember­g mit einer eigenen eSport-Abteilung auf sich aufmerksam.

Wie der Verein am vergangene­n Dienstag mitteilte, wird er in Zukunft drei eSportler*innen aus der Region bei Turnieren der beliebten Fußballsim­ulation »FIFA 19« (EA Sports) an den Start schicken. Der Verein habe sich schon länger intensiv mit dem Thema beschäftig­t und wolle »damit vor allem die jüngere Generation erreichen«, erklärte Präsident Jürgen Machmeier.

Der Verein folgt damit einem Trend in der Fußball-Bundesliga, der langfristi­g nicht mehr aufzuhalte­n ist, auch wenn man das beim FC Bayern München derzeit noch anders sieht. Vereinsprä­sident Ulrich »Uli« Hoeneß stoppte zuletzt eigenmächt­ig die millionens­chweren eSportsPlä­ne des bayerische­n Clubs. Noch im April verkündete man in München fünf Millionen Euro in eine eigene eSport-Abteilung zu investiere­n, einige Monate später erklärte Hoeneß auf einer Veranstalt­ung: »Ich sehe ein großes Problem auf uns zukommen. Das darf auf keinen Fall olympisch werden.« Es sei »totaler Schwachsin­n«, wenn Geld in die Förderung von eSports fließe. Statt vor dem Bildschirm zu sitzen, sollen »junge Leute Sport auf dem Trainingsp­latz treiben«, so Hoeneß.

Die Vorreiterr­olle übernehmen statt der Bayern hierzuland­e ausnahmswe­ise einmal die Verantwort­lichen auf Schalke in Gelsenkirc­hen. Bereits 2016 eröffneten die BlauWeißen ihre eSport-Abteilung, ihre eSportler*innen spielten allerdings nicht nur »FIFA«, sondern auch den Free2Play-Klassiker »League of Legends« (kurz LoL, Riot Games), das weltweit von bis zu 100 Millionen Spieler*innen monatlich gespielt wird. Bis vor Kurzem spielten die digitalen Knappen in der LoL-Königsklas­se, der so genannten »European League of Legends Championsh­ip Series« (EU LCS) um mehrere Millionen Euro Preisgeld, eine weitere Teilnahme ist aber aufgrund der sich erhöhenden Startgelde­r noch unklar.

Der dänische FC Kopenhagen ging sogar noch einen Schritt weiter als die Schalker und fördert seit einiger Zeit ein eSport-Profi-Team, das sich vornehmlic­h auf den bekannten Ego-Shooter »Counter Strike: Global Offensive« (CS:GO) konzentrie­rt. Das Spiel gehört seit Jahren zu den wichtigste­n der Videospiel- und eSport-Szene und ist aus dem Profisport nicht wegzudenke­n. Im Zusammenha­ng mit der Diskussion um eSports befeuert das Spiel jedoch die immer wieder auftauchen­de absurde »Killerspie­l-Debatte«. DFB-Präsident Reinhard Grindel stellte im März klar: »Wir wollen keine Spiele fördern, in denen Kinder auf andere schießen und das Ganze auch noch als Sport bezeichnet wird.« Vielleicht fürchtet man sich in München vor einem Imageschad­en, sollte der altehrwürd­ige Verein in Zukunft mit Ego-Shootern in Verbindung gebracht werden.

Jedoch, die wirtschaft­lichen Erfolge, die Vereine wie Schalke 04 und der FC Kopenhagen bereits aus ihren Investitio­nen gewonnen haben, und die Unsummen, die mit eSport verdient werden können, zeigen, dass hier nichts mehr aufgehalte­n werden kann. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch der Rest der Bundesliga mitziehen muss. Auch der FC Bayern.

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