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Glühende Drähte

Borussia Dortmund übernimmt mit einem schmeichel­haften 4:1 gegen RB Leipzig die Tabellenfü­hrung – beide Klubs suchen noch Verstärkun­gen

- Von Jörg Mebus, Dortmund SID/nd

Dortmund hat beim Bundesliga­Comeback von Lucien Favre die Tabellenfü­hrung erobert. Das 4:1 gegen Leipzig war nur scheinbar deutlich – es wird den neuen BVB-Coach noch lange beschäftig­en. Tabellenfü­hrung, Torfestiva­l, TraumComeb­ack – Lucien Favre ließ sich von alldem nicht blenden. Der neue Trainer von Borussia Dortmund blickte nach dem 4:1 (3:1) gegen RB Leipzig ausgesproc­hen nachdenkli­ch drein, er wusste genau: Dieser Sieg war eine Mogelpacku­ng. Neben ihm betonte Leipzigs konsternie­rter Coach Ralf Rangnick sogar, sich nicht daran erinnern zu können, »dass ich jemals so ein groteskes Spiel erlebt habe«.

Der Perfektion­ist Favre ließ keinen Zweifel daran, dass ihn sein erstes Bundesliga­spiel nach 1072 Tagen noch lange beschäftig­en wird. »Es gibt viele Sachen zu korrigiere­n, viele taktische Sachen. Darüber brauchen wir jetzt nicht zu sprechen, das dauert Stunden«, meinte der Schweizer am Sonntagabe­nd. »Viele, viele kleine Details« wolle er unter die Lupe nehmen. Favre gab zu, dass das Spiel »schon gut für uns gelaufen« sei.

Vor allem mit Blick auf die erste halbe Stunde war diese Beschreibu­ng der Vorgänge noch nett untertrieb­en. Selten wurde der BVB im eigenen Stadion so vorgeführt. »Sie waren besser als wir, sie waren schneller, besser in den Zweikämpfe­n«, sagte Favre und gab sich wohltuend demütig. Höheres Pressen, Mittelfeld­beherrschu­ng, Konterspie­l, Ballkontro­lle – alles soll nun auf den Prüfstand.

Dass das Spiel nach dem Leipziger Blitztor durch Jean-Kevin Augustin nach 31 Sekunden noch zugunsten des BVB kippte, lag maßgeblich an zwei Spielern: Torwart Roman Bürki, der mit zahlreiche­n Glanzparad­en überragte, und Axel Witsel. Der 20Millione­n-Mann verwandelt­e den Dortmunder Hühnerhauf­en als umsichtige­r Dreh- und Angelpunkt vor der Abwehr im Laufe des Spiels in ein zumindest einigermaß­en sattelfest­es Gebilde. »Er bringt uns ein wenig Ruhe im Spielaufba­u. Das beherrscht er sehr gut. Und er macht auch Tore«, sagte Favre über den Belgier, »sehr schöne Tore«. Nach dem überlebens­wichtigen Ausgleich in der Nachspielz­eit im Pokal in Fürth (2:1 n.V.) war es nun ein sehenswert­er Seitfallzi­eher zum 3:1 (43.).

Witsel schwärmte von den »positiv verrückten« BVB-Fans, inhaltlich hielt er sich nach dem Spiel zurück, auch er traute dem Braten wohl noch nicht so recht. Vorher hatten Mahmoud Dahoud (21.) mit seinem ersten Treffer im 36. BVB-Pflichtspi­el und Mar- cel Sabitzer per Eigentor (40.) das Spiel für die Gastgeber gedreht – ehe Marco Reus in der Nachspielz­eit den Schlusspun­kt setzte.

Weil trotz der vier Tore im Dortmunder Angriff viel Leerlauf herrschte, gilt als sicher, dass der BVB noch mal auf dem Transferma­rkt tätig wird. Paco Alcacer vom FC Barcelona soll die Offensive beleben. »Es gibt nichts zu vermelden«, meinte Sebastian Kehl, neuer Leiter der Lizenzspie­lerabteilu­ng: »Es muss passen. Wir machen nur Dinge, von denen wir absolut überzeugt sind.«

Auch Leipzigs Trainer und Sportdirek­tor Rangnick wird wohl noch mal einkaufen, im Gespräch ist unter anderem Flügelstür­mer Ademola Lookman vom FC Everton. Dieser war in der vergangene­n Rückserie schon ausgeliehe­n worden. Laut Rangnick »glühen die Drähte im Hintergrun­d«, er wolle sich aber voll auf das entscheide­nde Playoff-Spiel zur Europa League am Donnerstag gegen Sorja Lugansk und das folgende Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf konzentrie­ren, in denen mögliche Zugänge »eh keine Rolle« spielen.

Zudem ging es Rangnick wohl ähnlich wie Favre: Die Mogelpacku­ng wird ihn noch eine Weile beschäftig­en. »Wir haben uns selbst um den Lohn eines richtig guten Spiels gebracht«, sagte er.

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Foto: imago/Team 2 Zweites Spiel, zweites Tor: Artistisch überwindet der Dortmunder Neuzugang Axel Witsel (r.) Leipzigs Torwart Peter Gulacsi.

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