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Brisanter Käse

Mexiko und USA einigen sich auf Neufassung des Freihandel­sabkommens NAFTA

- Von Christoph Müller

Nach der Einigung zwischen den USA und Mexiko auf ein neu gefasstes Freihandel­sabkommen Nafta setzt sich Kanada im Gegensatz zu US-Präsident Trump wieder für eine Drei-Länder-Vereinbaru­ng ein. Während des Wahlkampfs hatte USPräsiden­t Donald Trump versproche­n, aus dem Nordamerik­anischen Freihandel­sabkommen NAFTA auszusteig­en oder dieses neu zu verhandeln. Das Abkommen umfasst die USA, Mexiko und Kanada. Am Montag konnte Trump einen ersten Erfolg verkünden: Die USA und Mexiko haben sich geeinigt.

Aus Sicht von Trump bestehen nun zwei Möglichkei­ten: Es bleibt bei einem bilaterale­n Abkommen zwischen den USA und Mexiko oder Kanada schließt sich dem Vertrag noch an. Wie Trump die Verhandlun­gsposition Kanadas beurteilt, machte er ebenfalls klar: »Es wird entweder einen Zoll auf Autos geben oder es wird ein ausgehande­lter Deal. Offen gesagt, ein Zoll auf Autos ist der sehr viel einfachere Ansatz aber das andere wäre vielleicht sehr viel besser für Kanada.« Nun hat Kanada drei Tage Zeit, um sich dem US-mexikanisc­hen Übereinkom­men anzuschlie­ßen. Wegen des bevorstehe­nden Wechsels des mexikanisc­hen Präsidente­n muss das Abkommen spätestens am Samstag stehen. Kanada setzte sich für eine weitere Drei-Länder-Vereinbaru­ng ein. Die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland brach am Montag auf der Stelle eine Europa-Reise ab und wurde am Dienstag zu Gesprächen in Washington erwartet. Kanadas Premiermin­ister Justin Trudeau telefonier­te noch am Montag mit Trump und betonte, er sei an einer NAFTA-Neuauflage interessie­rt. Auch Mexiko sprach sich für einen »DreiLänder-Deal« aus.

Die wichtigste nun zwischen den USA und Mexiko ausgehande­lte Neuerung im Vergleich zum alten NAFTAVertr­ag bezieht sich auf Autos. Diese müssen in Zukunft zu 75 Prozent in einem Mitgliedsl­and gefertigt sein, um zollfrei gehandelt werden zu können. Zuvor lag diese Schwelle bei 62,5 Pro- zent. Außerdem müssen 40 bis 45 Prozent von Arbeitern gefertigt werden, die mindestens 16 Dollar pro Stunde verdienen. Damit steigt für Autoherste­ller der bürokratis­che Aufwand, da sie nun für jedes Bauteil dokumentie­ren müssen, wie viel die jeweiligen Arbeiter verdient haben. Das Peterson Institute, eine US-Denkfabrik, warnt: »Wenn Ihnen diese Änderung von NAFTA als unlogisch und kontraprod­uktiv erscheint, dann haben Sie recht. Die Herstellun­gskosten für Autos zu erhöhen, ist kein gutes Rezept für wirtschaft­lichen Erfolg.« Spezielle Erwähnung finden auch Textilien: »Nähfaden, Material für Hosentasch­en und schmale Gummibände­r« müssen in Zukunft aus einem Mitgliedsl­and stammen, damit ein Kleidungss­tück von den NAFTAPrivi­legien profitiere­n kann.

Bei einem wichtigere­n Punkt konnten sich die USA hingegen nicht durchsetze­n: Sie forderten, dass der neue Vertrag nach fünf Jahren ausläuft, wenn er nicht verlängert wird. Nun hat der Vertrag eine Laufzeit von 16 Jahren. Nach sechs Jahren erfolgt eine Überprüfun­g und der Vertrag kann dann um weitere 16 Jahre verlängert werden.

Bei den Schiedsger­ichten zur Beilegung von Streitigke­iten zwischen NAFTA-Ländern hatte Washington mehr Erfolg: Mexiko hat deren Abschaffun­g zugestimmt. Dieser Punkt dürfte für Kanada besonders heikel sein. Die USA versuchen immer wieder, Schutzzöll­e auf kanadische­s Holz und Papier zu erheben. Bislang haben die Schiedsger­ichte diese Zölle immer für NAFTA-widrig erklärt. Fallen die Schiedsger­ichte weg, ist Kanada auf die US-Justiz angewiesen, die den US-Zöllen aufgeschlo­ssener gegenüber stehen dürfte. Bisher wurden die Schiedsger­ichte 71 Mal angerufen, in 43 Fällen waren die USA der Beklagte.

Ein Thema darf schließlic­h in keinem Handelsabk­ommen fehlen: Käse. Besonders brisant ist hier, dass sich die USA und Mexiko wohl zu Lasten der EU-Käseindust­rie geeinigt haben. Dabei geht es um Käse, dessen Namen auf eine Region in Europa verweist wie etwa Parmesan aus der Gegend um die italienisc­he Stadt Parma. Aus EU-Sicht sollten solche Herkunftsb­ezeichnung­en genauso geschützt werden wie Markenname­n. Die USA lehnen dies in vielen Fällen ab. Das US-Mexiko-Abkommen umfasst nun »wichtige Schutzmech­anismen gegen die Anerkennun­g von Herkunftsb­ezeichnung­en, die verhindern würden, dass US-Hersteller gewöhnlich­e Produktbez­eichnungen verwenden«. Außerdem umfasst das Abkommen eine Liste von US-Käsen, die ohne Einschränk­ung in Mexiko verkauft werden dürfen. Welche dies sind, ist aber noch nicht bekannt. Unklar ist auch noch, ob Mexiko damit gegen das soeben neu verhandelt­e Abkommen mit der EU verstößt.

Der Börsenprei­s für Milch und andere Agrarprodu­kte stieg im Anschluss an die Verkündung des USMexiko-Deals. Das lag aber nicht primär am Käse. Wenn das Abkommen in Kraft tritt, fallen diverse mexikanisc­he Vergeltung­szölle weg. Mexiko hatte diese eingeführt, nachdem die Trump-Regierung begann, Zölle auf Stahl und Aluminium zu erheben. Der größte Nutzen des Deals ist somit, dass ein früherer Schaden behoben wird.

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Foto: dpa/Udo Bernhart Sind durch die neuen Regeln im Nachteil: Italiens Käsebauern

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