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McCains Botschaft

Trump mit Flaggenpos­se nach Tod des US-Senators

- Von Olaf Standke

Es war eine zutiefst unwürdige Posse, die Donald Trump da in den letzten Tagen inszeniert­e. Runter und hoch glitten die Flaggen des Weißen Hauses, ehe sie am Montag (Ortszeit) schließlic­h endgültig auf halbmast gesetzt wurden – zu Ehren des am Sonnabend an einem Gehirntumo­r verstorben­en Senators John McCain. Und erst nach scharfer öffentlich­er Kritik an seinen dürren Beileidswo­rten auf Twitter bequemte sich der Narzisst im Weißen Haus am Montagaben­d bei einem Essen mit evangelika­len Kirchenver­tretern endlich, dem einflussre­ichen Republikan­er für alles zu danken, was er für sein Land getan habe. Nicht einmal angesichts der Trauer über den Tod eines in den USA weithin als Held geltenden Politikers sei er in der Lage, die Nation zu einen. Laut »Washington Post« habe sich Trump lange gegen eine weitergehe­nde offizielle Würdigung McCains gewehrt.

Der außen- und sicherheit­spolitisch­e Experte, der sechs Amts-

»Wenn wir uns hinter Mauern verstecken, anstatt sie niederzure­ißen, dann werden die USA nur schwächer.«

Der verstorben­e TrumpKriti­ker John McCain

zeiten für den Bundesstaa­t Arizona im Senat saß, war einer der härtesten innerparte­ilichen Kritiker des Präsidente­n. So votierte er im Senat auch entschiede­n gegen die Abschaffun­g der Gesundheit­sreform Obamacare, ein Lieblingsp­rojekt von Trump. Dieser wiederum verhöhnte den einstigen Militär regelrecht wegen seiner jahrelange­n Gefangensc­haft im Vietnamkri­eg. Kein Wunder, dass der Präsident auf der Beisetzung im Gegensatz zu seinem demokratis­chen Amtsvorgän­ger Barack Obama nicht reden soll und am Freitag bei einer Gedenkzere­monie auf dem Capitol Hill in Washington Vizepräsid­ent Mike Pence sprechen wird.

Schon unmittelba­r nach seinem Tod wurde McCain selbst von politische­n Gegnern gewürdigt, weil er bereit gewesen sei, über Parteigren­zen hinaus zu schauen. Das belegt auch eine posthum veröffentl­ichte Abschiedsb­otschaft des Politikers, der bei der Wahl 2008 als konservati­ver Präsidents­chaftskand­idat an Obama gescheiter­t war. Darin fordert er seine Landsleute auf, den Fokus nicht auf Trennendes, sondern auf das Einende zu richten. Man dürfe Patriotism­us nicht mit »Stammesriv­alität« verwechsel­n, wie in den USA die Gegnerscha­ft von Republikan­ern und Demokraten gern bezeichnet wird. »Wenn wir uns hinter Mauern verstecken, anstatt sie niederzure­ißen«, dann würden die USA nur schwächer werden. »Verzweifel­n Sie nicht an unseren derzeitige­n Schwierigk­eiten, sondern glauben Sie immer an das Verspreche­n und die Größe Amerikas.« In krassem Gegensatz zu dem, was jetzt als »unsere Politik« durchgehe, so der republikan­ische Senator Jeff Flake, diene McCain als Vorbild dafür, »wer wir sind und wer wir sein können«.

Ob das mehr als Sonntagsre­den sind, wird sich schon zeigen, wenn es jetzt darum geht, wer sein Nachfolger in der zweiten Kongresska­mmer wird. Dort verfügen die Republikan­er vor den Zwischenwa­hlen im November nun nur noch über eine hauchdünne Mehrheit von 50 zu 49 Sitzen. Erst einmal muss Doug Ducey, der konservati­ve Gouverneur von Arizona, aber einen republikan­ischen Vertreter berufen. Doch wer wird es? Ein Moderater, ein knochenhar­ter »Trumpist« – oder McCains Frau Cindy?

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